Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 1. (1)

Arbeitsbeschaffung. 
Einen sehr großen Teil der Fürsorge bildet die Arbeits- 
beschaffung. Der Arbeitsmarkt lag nach Ausbruch des Krieges 
besonders ungünstig für die weiblichen Arbeiterinnen, die in 
den Leipziger Industrien sehr zahlreich vertreten sind. Tau- 
sende wurden arbeitslos und ließen sich in die Listen des 
Nationalen Frauendienstes eintragen. Infolgedessen richtete der 
Nationale Frauendienst von vornherein seine Bemühungen auf 
die Beschaffung von Arbeit, den Grundsatz verfolgend, daß 
Arbeit höheren ethischen und praktischen Wert befitzt, als 
Unterstützung durch Geld. Die Beschaffung geeigneter Arbeit 
war mit Schwierigkeiten verknüpft und veranlaßte schließlich 
den Frauendienst, Notstandsarbeiten in größerem AUmfange ein- 
zurichten und durchzuführen. So wurde von Ende August 1914 
bis Mitte März 1915 Strickerei als Heimarbeit ausgegeben. 
Der anfänglich wohltätige Betrieb, bei dem die Wollsachen 
aus geschenkter Wolle angefertigt und als Liebesgaben vergeben 
wurden, entwickelte sich von Ende Oktober an zu einem ge- 
regelten geschäftlichen Berkehr. Der Nationale Frauendienst 
konnte auf feste Bestellung von seiten der Heeresverwaltung 
arbeiten und große Aufträge in Militärsocken und Dulswärmern 
ausführen. — Durchschnittlich sind 1200 Frauen, vorwiegend 
Kriegerfrauen, mit Strickarbeit beschäftigt worden und haben 
ausreichende Löhnung erhalten. 
Versuche mit Delzschererei als Heimarbeit konnten aus 
gesundheitlichen Gründen nicht weiter verfolgt werden. Gleich- 
zeitig errichtete der Nationale Frauendienst eine Strickstube, in 
der die Strickerei als Werkstättenarbeit betrieben wurde, die 
fünf Monate hindurch täglich 225—255 arbeitslose Frauen 
und Mädchen beschäftigt hat. Nach Aufhören der Sitrickerei 
im Februar 1915 sind bis Mitte April in der Werkstätte Pelz- 
stückchen geschoren worden. Der Lohn wurde als Grund- und 
Stücklohn ausgezahlt; sein Durchschnitt erreichte kaum die Höhe 
der Arbeitlosenunterstützung. — Nach einigen Monaten Anter- 
brechung, in denen keine neuen Aufträge zu erlangen waren, 
findet die Ausgabe von Strickerei als Heimarbeit von neuem 
statt. — Für Beschaffung des Rohmaterials, Löhne und Be- 
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