Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

IV. Kriegswirtschaft 135 
werden. Um die Verfügung über die Vorräte zu erhalten, sind verschiedene 
Wege beschritten worden. Bei Brotgetreide, Hafer und Gerste ist 
die gesetzliche Beschlagnahme des Ernteertrags ausgesprochen worden, mit 
der Folge, daß der Eigentümer zur pfleglichen Behandlung seiner Vorräte 
verpflichtet, im übrigen aber zu rechtlichen und tatsächlichen Verfügungen 
nur insoweit befugt ist, als es die Beschlagnahmeverordnung ausdrücklich 
vorsieht. Dabei sind ihm diejenigen Vorräte zu eigner Bewirtschaftung be— 
lassen, welche er in seinem Betriebe verwendet. Die hierfür freigelassenen 
Mengen sind bei Roggen und Weizen nach der Zahl der Personen, deren 
Versorgung dem Landwirt obliegt, bei Hafer nach der Zahl der in dem Be— 
triebe verwendeten Pferde genau bestimmt, während dem Erzeuger von 
Gerste die Hälfte seiner Ernte freigegeben ist. Die Beschlagnahme ist bei 
allen diesen Getreidearten für den Kommunalverband verfügt, in dem das 
Getreide gewachsen ist. Die Bewirtschaftung erfolgt für Brotgetreide durch 
den Kommunalverband, soweit er die Ermächtigung dazu erhält, im übrigen 
durch die Reichsgetreidestelle, bei Hafer und Gerste durch die Sentralstelle 
zur Beschaffung der Beeresverpflegung nach Anweisung der Reichsfutter- 
mittelstelle und unter Mitwirkung der Kommunalverbände. 
Bei Fucker ist die öffentliche Derfügung über die Ware dadurch erleich- 
tert, daß die Erstprodukte an Rohzucker unter Steuerkontrolle stehen und 
dadurch die Derfügung des Eigentümers ohnehin beschränkt ist. Um zu 
erreichen, daß die Rohzuckerbestände nach festgelegten Grundsätzen der Ber- 
stellung von Derbrauchszucker, der Derwendung zu Futterzwecken und 
sonstigen zugelassenen Derwendungsarten dienstbar gemacht werden, bedurfte 
es bei dieser Sachlage keiner förmlichen Beschlagnahme, sondern es genügte 
eine Derfügungssperre über den Rohzucker und die Errichtung einer Der- 
teilungsstelle, um die Juweisung des Rohzuckers für die bestimmten Derwen- 
dungszwecke sicherzustellen. achdem ferner der Umfang, in dem die einzelnen 
Raffinerien an der Herstellung von Derbrauchszucker zu beteiligen sind, 
durch die Festsetzung von Kontingenten bestimmt war, hatte die Rohzucker- 
verteilungsstelle namentlich darüber zu entscheiden, welche Rohzuckerfabrik 
an eine bestimmte erbrauchszuckerfabrik Rohzucker zu liefern und zu welcher 
Seit die LTieferung zu erfolgen hat. Die Derbrauchszuckerfabriken unter- 
lagen, abgesehen von der Festsetzung von Böchstpreisen, zunächst keinen 
Schranken im Derkauf ihrer Erzeugnisse. Erst in neuester Seit hat sich das 
Bedürfnis nach einer Regelung der Derteilung des Derbrauchszuckers ergeben, 
die in die Hand der Reichszuckerstelle gelegt ist. Auch hier ist für die Durch-- 
führung der vorgesehenen Derteilung eine Beschlagnahme der Erzeugnisse 
der Raffinerien nicht nötig geworden. 
Eine gemeinnützige Bewirtschaftung ist weiter für zuckerhaltige und 
Kraftfuttermittel eingetreten. Sie erfolgt durch die Bezugsvereinigung 
Deutscher Landwirte nach Anweisung der Reichsfuttermittelstelle; die Der- 
fügungsgewalt der Bezugsvereinigung ist dadurch gesichert, daß der Absatz 
dieser Futtermittel ihr ausschließlich vorbehalten ist und Erzeuger und Eigen- 
tümer zur Anzeige ihrer Bestände und zu deren Überlassung an die Bezugs- 
vereinigung verpflichtet sind.
	        
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