Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

IV. Kriegswirtschaft 145 
der Regelung hat auch zu großen Derschiedenb#e#iten in der Dersorgung selbst 
geführt und starke Unzufriedenheit hervorgerufen. Trotz mancher Schwierig- 
keiten wird die Einführung einer gleichmäßigen Reichsfleischkarte schwerlich 
zu vermeiden sein. Ob die Derteilung der sonstigen unterzuverteilenden 
Waren auf Grund einer Rationierung oder nach andern Grundsätzen erfolgt 
oder ganz dem freien Bezuge überlassen wird, hängt von der Entschließung 
der Kommunalverbände ab. Für den Absatz aller dieser Waren können sich 
die Kommunalverbände der Mitwirkung des Handels, bei Brot des Bäckerei- 
gewerbes bedienen; sie können den Absatz aber auch in eignen Derkaufs= 
stellen bewirken. Dieser letztere Weg wird sich allerdings — schon mit Rück- 
sicht auf den durch den Krieg in seinem Geschäftsverkehr ohnehin schwer be- 
einträchtigten Kleinhandel — nur ausnahmsweise empfehlen, so etwa, 
um kleinere Bestände von Reis oder Hülsenfrüchten bestimmten Bevölke- 
rungsklassen zuzuteilen. 
2. Es geht über die dieser Arbeit gezogenen Grenzen hinaus, eine er- 
schöpfende Darstellung aller der Einzelgebiete zu geben, auf denen ein Ein- 
greifen des Reiches stattgefunden hat: immerhin wird es zum Derständnis 
der öffentlichen Tätigkeit hinsichtlich der Dolksversorgung von Mutzen sein, 
aber auch genügen, wenn die auf zwei besonders bedeutungsvollen Ge- 
bieten, der Mehl= und Brotversorgung und der Futtermittelversorgung ge- 
troffene Regelung etwas eingebender geschildert wird (in Abschnitt G und H). 
Neben der Regelung des Derkehrs in zahlreichen für die Dolksernährung 
wichtigen Inlandserzeugnissen hat sich aus den am Ende des Abschnitts E 
dargelegten Derhältnissen heraus für diese Erzeugnisse, soweit sie aus dem 
Ausland eingeführt worden, in immer steigendem Umfange das Bedürfnis 
nach einer Regelung geltend gemacht, die zu einer Sentralisierung der Einfuhr 
in bestimmten Waren geführt hat. Als Organ für diese Aufgabe ist meist 
die Sentraleinkaufsgesellschaft m. b. H. benutzt worden, die aus dem 
zu Kriegsbeginn errichteten „Reichseinkauf“ hervorgegangen ist. Der Reichs- 
einkauf ist Anfang August 1914 in HKamburg geschaffen worden, um eine 
großzügige Einfuhr von Lebens= und Futtermitteln zu organisieren. ILkach 
einigen Monaten erwies sich die Derlegung seines Sitzes nach Berlin und 
seine Erweiterung und Umgründung in eine G. m. b. B., eben die Sentral- 
einkaufsgesellschaft (S. S. G.), als unabweisbar. Die . E. G. hat sich 
seitdem in einer Weise entwickelt, daß sie eines der größten Warengeschäfte 
der Welt geworden ist. Sie verfolgt ausschließlich gemeinnützige Swecke 
und gewährt den Gesellschaftern nur eine Dividende bis zu 5% auf die 
eingezahlten Zeträge der Geschäftsanteile. Bei der Auflösung, die nach 
Ablauf des Krieges und Wiederherstellung des regelmäßigen Wirtschafts- 
lebens erfolgen soll, ist ein nach Rückzahlung der auf die Geschäftsanteile 
eingezahlten Zeträge und Tilgung der Derbindlichkeiten der Gesellschaft 
verbleibender Uberschuß dem Reiche zur Derwendung zu gemeinnützigen 
Swecken zur Derfügung zu stellen. 
Die Gentralisierung der Einfuhr geschieht in der Weise, daß der Absatz 
der eingeführten Waren, für die sie angeordnet ist, ausschließlich der damit 
beauftragten Gentralstelle zugewiesen ist. Der Einführende ist verpflichtet,
	        
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