Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

IV. Kriegswirtschaft 151 
wirtschaft zugelassen werden, wenn die so geschaffene Gemeinschaft die vor— 
erwähnten Bedingungen erfüllt. Zwischen der R. G. St. und den selbst— 
wirtschaftenden Kommunalverbänden besteht ein wechselseitiges Aushilfs— 
verhältnis. Die R. G. St. kann bei dringendem Bedürfnis in den 
Bedarfsanteil des Kommunalverbandes eingreifen gegen die Derpflich- 
tung, die herausgenommenen Mengen in Brotgetreide zurückzuliefern. 
Umgekehrt hat die R. G. St. dem Kommunalverband im Notfalle mit Mehl 
auszuhelfen, das ebenfalls bald zu erstatten ist. Weiter hat die R. G. St. 
einem selbstwirtschaftenden Kommunalverband auf Derlangen Roggen gegen 
Weizen und Weizen gegen Roggen einzutauschen. Bei der Lagerung der 
Vorräte und der Finanzierung soll sie ihm hilfreich zur Seite stehen. 
Bei der Behandlung der Kleie der nicht selbstwirtschaftenden Kom- 
munalverbände ist insofern eine Anderung eingetreten, als jeder Kommunal= 
verband zunächst soviel Kleie erhält als dem in seinem Bezirke beschlag- 
nahmten Getreide bis zur höhe seines Bedarfsanteils entspricht und nur 
der Rest von der Zezugsvereinigung Deutscher Landwirte zu verteilen ist. 
Don der Derbrauchsregelung durch die Kommunalverbände sind Grieß, 
Graupen, Teigwaren sowie Kinder= und Kraftmehle ausgenommen; die 
Belieferung der Hersteller dieser Erzeugnisse mit Mehl geschieht nicht mehr 
durch die Kommunalverbände, sondern durch die R. G. St., die dabei für 
den Absatz, insbesondere für die Hreisbemessung bindende Vorschriften trifft. 
Die Brotgetreideernte von 1915 wurde anfänglich nicht ungünstig be- 
urteilt. Da überdies die R. G. St. über einen großen Bestand aus dem 
verflossenen Wirtschaftsjahre verfügte, so beschlossen Direktorinm und Kura- 
torium Ende August 1015, die Kopfmenge auf 225 g Mehl zu erhöhen, das 
Ausmahlverhältnis auf 75 % herabzusetzen und Hinterkorn bis zu 3% des 
Ernteerträgnisses zur Derfütterung freizugeben. Weiter wurden 300 000 
Tonnen Getreide aus den Beständen der R. G. St. zur HBerstellung von 
Futterschrot für Schweinemast und für die Ernährung des Milchviehs abge- 
geben. TLeider erwies sich die Ernte als viel ungünstiger als man angenommen 
hatte. Deshalb mußte im Januar lolé die frühere Kopfquote von 200 
und das frühere Ausmahlverhältnis von 80 bzw. 82 % wieder hergestellt 
und die Freigabe des Hinterkorns zurückgenommen werden. Hierdurch ist 
gesichert, daß die vorhandenen Bestände zur Dersorgung Deutschlands bis 
zum Beginne des nächsten Erntejahres ausreichen und eine Rücklage ver- 
bleibt, die nicht nur bei verspäteter Einbringung der Ernte vor Derlegenheiten 
schützt, sondern auch die Möglichkeit bietet, bis zum Schluß dieses Erntejahres 
der schwerarbeitenden Bevölkerung Suschüsse zu den auf sie entfallenden 
Rationen zu gewähren. 
Der durch die Festsetzung von Böchstpreisen für Weizen und Roggen im 
Oktober lol# geschaffene Hreisstand ist bisher im wesentlichen festgehalten 
worden; nur ist die Spannung zwischen den höchsten oder den niedrigsten 
reisen, die nach dieser Festsetzung 28 M. für die Tonne betrug, im zweiten 
Erntejabr auf 15 M. herabgesetzt worden, indem die Hreise der Hauptorte 
des Ostens etwas erhöht, die der südlichen und westlichen Hauptorte etwas 
ermäßigt wurden. Der Berliner Hhöchstpreis für Roggen ist auch im zweiten
	        
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