Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

V. Die Militär-Gesundheitspflege im Kriege 100 
Medizinalabteilung des Kriegsministeriums dauernd von daheim 
aus das Feldsanitätswesen draußen. Im ersten Kriegshalbjahre leitete sie 
der Generalarzt Dr. Haalzow; als er sodann einen Armeearztposten über- 
nahm, trat an seine Stelle der Generalarzt Dr. Schultzen, bis dahin Korps- 
arzt eines mobilen Armeekorps. — Doch nun hinaus ins Feld! 
I. Der Sanitätsdienst im Operationsgebiet. 
a) Der Sanitätsdienst im Gefecht. 
Die Schlacht ist in vollem Gange. Ganz vorn liegen dünne Schützenreihen 
eines Infanteriebataillons. Sie haben sich eingegraben und feuern, wo 
immer der Gegner eine Blöße zeigt. Die feindliche Artillerie wirkt gegen sie 
von oben mit dem Kugelregen der Schrapnells und mit den Eisensplittern der 
Granaten, die über und zwischen den Schützen zerschellen. Taktmäßig pochen 
die Maschinengewehre, und ein Hagel kleinkalibriger Infanteriegeschosse 
prasselt herüber. Schon sind viele unserer Schützen verwundet, — aber sie 
müssen zunächst liegen bleiben. Wer aufstehen und zurückgehen wollte, wäre 
sofort noch schlimmer getroffen. Die erste Wundbilfe müssen sie sich selbst oder 
gegenseitig leisten. Jeder Heeresangehörige trägt eingenäht in den vor- 
deren Rockschoß zwei Derbandpäckchen bei sich und ist in ihrem Ge- 
brauch unterwiesen. Eine kurze Anweisung liegt überdies dabei. Der Der- 
band ist keimfrei, kann also unmittelbar auf die Wunde kommen, um das 
Blut zu stillen und vor Derunreinigung zu schützen. Größere Wunden und 
solche, bei denen Ein= und Ausschuß weit voneinander liegen (z. B. Einschuß 
der Kugel am Unterarm, Wiederaustritt am Oberarm), werden mit zwei 
und mehr Derbandpäckchen bedeckt; der Machbar hilft dann aus. 
Das feindliche Feuer läßt nach unser Bataillon gebht sprungweise weiter 
vor. Krankenträger des Bataillons — vier bei jeder Kompagnie —, 
im Bedarfsfalle auch „Hilfskrankenträger“ (Musiker) eilen herbei, geführt 
von Sanitätsunteroffizieren und -mannschaften — einer bei jeder 
Kompagnie — befehligt von einem der beiden beim Bataillon befindlichen 
Truppenärzte. JZene sind mit zusammenlegbaren Krankentragen, 
Sanitätstaschen und TLabeflaschen, diese außerdem noch mit Sanitäts- 
verbandzeugen, der Arzt mit einer Instrumenten= und Arzneitasche 
(Morphiuml) versehen. 
Sie suchen die Derwundeten auf, laben sie, legen otverbände an, 
schicken die Marschfähigen zu dem schon vor dem Gefechte bestimmten 
Teichtverwundeten-Sammelplatze, von wo sie geschlossen zurück- 
geführt werden, und bringen die Schwerverletzten zum Truppen-Der- 
bandplatze des Bataillons. Hier nun hat der Bataillonsarzt (Stabs- 
arzt) inzwischen vorgesorgt. Den zweispännigen Infanterie-Sanitäts- 
wagen hat er gegen Sicht und Feuer möglichst geschützt aufgestellt, ihm das 
reichhaltige Instrumentarium, Derband= und Arzneimittel entnommen und 
eine Art „Unfallstation“ im Freien oder in gedecktem Raume (Scheune usw.) 
eingerichtet; hier lagert, erfrischt, verbindet und operiert er die Derwundeten. 
Die Schlacht geht weiter; Reserven schieben sich vor, unser Bataillon 
muß dem Feinde nach. Was wird aus den Verwundeten?
	        
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