Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

V. Die Militär-Gesundheitspflege im Kriege 179 
Bewegliche Sanitätsformationen und stehende Sanitätsanstalten sollen 
geschützt, das Personal nicht als kriegsgefangen behandelt werden. Sobald 
es entbehrlich wird, soll es mit seinem Privateigentum in die Heimat zurück— 
kehren dürfen. Bewegliche Sanitätsformationen behalten auch ihre Aus- 
rüstung. Wahr= und Abzeichen des militärischen und des staatlich anerkannten 
freiwilligen Sanitätswesens ist das Rote Kreuz auf weißem Grunde 
(Umkehrung des Schweizer Wappens). Auch im Frieden soll es gesetzlich 
geschützt und dem bezeichneten Swecke vorbehalten sein. 
Das Genfer Abkommen spielte bis zum Krieg eine große Rolle als Teil 
des „Dölkerrechts“. Es ist bei vielen Gelegenbeiten von unsern Feinden 
gröblich verletzt worden; unsere Derwundeten und unser Sanitätspersonal 
sind, wie amtlich festgestellt ist, böswillig mißhandelt, sogar ermordet worden. 
Da das Abkommen so versagte, ergab sich die Motwendigkeit, alle Ver— 
wundeten, selbst wenn ihr Transport mit großen Gefahren und Beschwerden 
verbunden war, vor den Feinden in Sicherheit zu bringen, um sie vor Schlim- 
merem zu bewahren. Auch haben sich manche Bestimmungen des Abkommens 
als unzweckmäßig und undurchführbar erwiesen: z. B. ist es schon aus Mensch- 
lichkeitsgründen notwendig, daß die vielen Hunderttausend kriegsgefangener 
Russen, mit denen wir uns sprachlich nicht verständigen können, von russischen 
Arzten behandelt werden, diese also, weil unentbehrlich, zu diesem Swecke 
bei ihren Mitgefangenen zurückbleiben (s. a. Bd. I Art. VIII). 
D. Krieg und ärztliche Wissenschaft. 
a) Schon vor dem Kriege stand Deutschlands Heilkunst und Heilkunde auf 
höchster Stufe. Das wurde selbst vom Ausland anerkannt; aus der ganzen 
wWelt kamen Studenten und Arzte, um in unsern Kliniken und Forschungs- 
anstalten zu lernen. Die Türen waren ihnen weit — manchmal allzuweit — 
geöffnet. An den Leistungen und Fortschritten hatte das Beeressanitätswesen 
rühmlichen Anteil; aus seinen Reihen gingen Männer hervor, wie Helm- 
Roltz, Dirchow, Levyden, Mothnagel, Behring, Töffler, Gaffk' 
und andere mehr. Die nenzeitliche Wundbebhandlung, die an Listers 
DAamen anknüpft, wurde in Deutschland durch Militärärzte eingeführt;; sie 
machten als Mitarbeiter Robert Kochs dessen große Lehren und Ent- 
deckungen nutzbringend für HBeer und Dolk. In enger Fühlung mit der 
Wissenschaft lieferten die Generalstabsärzte von Coler und von Schjerning 
grundlegende Werke über die Wirkung moderner Feuerwaffen und wert- 
volle Bibliotheken für die Medizin, Thirurgie und Dygiene. Die „Der- 
öffentlichungen der Medizinalabteilung des Hreußischen Kriegs- 
ministeriums“ legen vom wilssenschaftlichen Leben im Sanitätskorps 
rühmliches Seugnis ab. 
Der militärische Tachwuchs findet in der neuen großen Kaiser-Wil-= 
helms-Akademie für das militärische Bildungswesen eine voll- 
kommene Hflanz= und Lehrstätte. Die jungen Militärärzte bekommen an 
Kliniken später vertiefte Sonderausbildung; alle Dienstgrade werden durch 
regelmäßige Lortbildungskurse auf der Höhe des Wissens erhalten. Der 
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