V. Die Militär-Gesundheitspflege im Kriege 181
über ganz Europa hinaus und die Behinderung des Seehandels wurde
nicht nur die Ernährung der Derwundeten und Kranken in Mitleidenschaft
gezogen, auch die Rohstoffe zur Herstellung von Arzneimitteln und
Instrumenten blieben z. C. aus und mußten durch neuerfundene Hilfs-
mittel ersetzt werden. Die Sanitätsausrüstung war mit den Bedürf-
nissen harter Winter= und Gebirgsfeldzüge (Karpathen), den Trans-
portschwierigkeiten wegeloser Länder (Balkan) und der Wüstenhitze
Kleinasiens in Einklang zu bringen.
Eine neue furchtbare Kriegswaffe erstand in der Derwendung giftiger
Gase zu Angriffszwecken. Sum Schutze unserer Truppen mußten Apparate
ersonnen und in großen Mengen hergestellt werden, die jede Störung der
Atmungs= und Sehorgane auch im giftigsten Gasnebel fernhalten. Das Er-
gebnis dieser Zemühungen war eine Gasschutzmaske, die jeder Mann
im Bedarfsfalle schnell anlegen kann. Ihr äußerer Anblick erinnert an die
bekannten Taucherhelme; die innere Einrichtung kann jetzt noch nicht ver-
öffentlicht werden.
c) Doch die HBauptaufgabe des Militärarztes heißt nicht: heilen, sondern:
vorbeugen. Fünf Kriegsseuchen „verheerten" früher die Beere: Hocken,
Typhus, Ruhr, Cholera und Fleckfieber. Die erste kann der deutschen
Armee dank der allgemeinen und wiederholten Schutzpockenimpfung
nichts mehr anhaben. Die Ruhr wurde durch gute Ernährung, Derabfolgung
keimfreier Getränke und Dernichtung ausgeschiedener Krankheitserreger in
engen Grenzen gehalten, und gegen Typhus und Cholera schützte nicht
nur die allgemeine bygienische Fürsorge, sondern auch die grundsätzliche
und wiederholte Durchimpfung aller Beeresangehörigen — vom Koaiser
bis zum letzten Mann — mit künstlichem TCyphus= und Choleraschutzstoff
(Serum). Dadurch ist die Anzahl der Erkrankungen und die Schwere des
einzelnen Krankheitsfalles bedeutend herabgemindert worden. Don großen
Epidemien blieb das Heer verschont, seine Schlagfertigkeit erhalten.
Besondere Bedeutung gewann das Fleckfieber. KFrüher hat diese
auch „Flecktpphus“ genannte Krankheit manchen bereits siegreichen Krieg
noch in Miederlage verwandelt, so große Lücken reißt sie in die Reihen. In
Deutschland fast unbekannt, herrscht sie namentlich in Osteuropa, wo Schmutn
und Ungeziefer gedeihen. Sie wird durch Läuse von Mensch zu Mensch
übertragen. Daher galt es, diese zu bekämpfen. So baute man allenthalben
Bade= und Entlausungsanstalten, um die Menschen und ihre kleider
von den Täusen und deren Eiern zu befreien. Die Lager der russischen Ge-
fangenen bildeten anfangs gefährliche Krankheitsherde und bedrohten auch
die bürgerliche Zevölkerung der Heimat. Durch planmäßige Dernichtung
der Läuse ist das Fleckfieber überall, in den Gefangenenlagern, an den großen
Knotenpunkten des militärischen Derkehrs und bis zum vordersten Schützen-
graben mit Erfolg bekämpft worden. LCeider kostete dieser Kampf das
Leben einer Reihe hervorragender Arzte und Forscher, die in der Ermittlung
des Krankheitserregers vielversprechende Beobachtungen gemacht hatten.
Um unser gesundes Dolk gegen die Einschleppungen von Seuchen aus
dem feindlichen Auslande zu schützen, errichtete man an den Grenzübergangs-