214 Dr. Arthur Söhner
Bundesrats werden die Beihilfen Stadt= und Landgemeinden, (kreis-
gemeinden und Hrovinzialverbänden für solche Aufwendungen zuteil, die
sie vom 1. Januar 1915 ab auf dem Gebiete der Kriegswohlfahrtspflege
machen, worunter im allgemeinen solche Aufwendungen fallen, die ohne
Aussicht auf Erstattung und ohne Schaffung wirtschaftlicher Gegenwerte
für minderbemittelte Ortseinwohner über das Maß der Friedensfürsorge
hinaus aus Anlaß des Krieges gemacht sind. Dor allem fallen also darunter
die freiwilligen Guschüsse der Lieferungsverbände, nicht aber die reichs-
gesetzlichen Mindestsätze der Familienunterstützungen. Beihilfen werden
auf Antrag monatweise unter Berücksichtigung der TLeistungsfähigkeit der
Gemeinden und der Höhe ihrer Aufwendungen gewährt. Dabei finden
auch an sich leistungsfähige Gemeinden, wenn sie für die Kriegswohlfahrts-
pflege besonders hohe Aufwendungen machen, Berücksichtigung (preußischer
Ministerialerlaß 24. Dezember 1014). Aus diesen 200 Millionen Mark Bei-
hilfen des Reiches sollten etwa ein Drittel der gemeindlichen Aufwendungen
höchstens gedeckt werden. Hreußen stellte im Februar t015 einen Betrag
von 110 Millionen Mark zur Derfügung, um den Gemcinden dadurch ein
zweites Drittel ihrer freiwilligen Ausgaben für Kriegswohlfahrtspflege zu
ersetzen. Bis Ende 1918s5 war dieser Betrag aufgebraucht, worauf weitere
200 Millionen Mark bewilligt wurden. Wie Hreußen gewähren die anderen
Bundesstaaten Mittel, um die Derbände in der Erfüllung ihrer Auf-
gaben zu stärken.
3. Die Lieferungsverbände sind Unterstützungsträger kraft
ihrer gesetzlichen Derpflichtung. In jedem TLieferungsverbande sind
je nach Bedarf eine oder mehrere „Unterstützungskommissionen“" gebildet,
so in Berlin in Anlehnung an die Steuerkassenbezirke nicht weniger als
25. Diese Kommissionen haben über die Unterstützungsbedürftigkeit und
über den Umfang und die Art der Unterstützung zu entscheiden, und zwar
im allgemeinen endgültig. In ihrer Cntscheidung haben sie sich an die
gesetzlichen Bestimmungen und an die vom Tieferungsverband oder dessen
Dertretung ausgebenden Anweisungen und Beschlüsse zu halten. Die
Aufsichtsbehörden haben das Recht, in die Entscheidungen einer Kommission,
die die allgemeinen Grundsätze verletzt, einzugreifen und die Catsachen,
die zur Entscheidung führten, nachzuprüfen; sie können daher auch selbst
in geeignet erscheinenden Fällen die Sahlung der Familienunterstützung
anordnen. Anspruchsberechtigte haben, wenn sie von der Unterstützungs-
kommission abgewiesen werden, das Recht der Beschwerde an die Auf-
sichtsbehörde, nicht aber einen zivilrechtlichen Klageanspruch. Die Unter-
stützungskommissionen haben die unmittelbare Kenntnis der persön-
lichen und wirtschaftlichen Derhältnisse der Einwohner für sich und
sind daher am besten in der Lage, die Unterstützungsfrage zutreffend zu
würdigen. Auch sind sie berechtiat, Auskunft von den Gemeinden zu fordern,
z. B. auch über die Steuerverhältnisse. NMatürlicherweise liegt es vor allem
den auf Unterstützung Antragenden ob, der Kommission wahre Angaben
über ihre Derhältnisse zu machen. Verschiedenen Unterstützungskommissionen
wurden die städtischen Armenämter, andern wieder die städtischen Steuer-