Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

F. Der westliche Kriegsschauplatz bis zum Sommer 1916. 
Wir schlossen die Schilderung der Einleitung des Feldzugs im Westen 
mit der Bemerkung, daß die bis Ende Oktober 1914 in glandern und Frank— 
reich geschaffene Lage im wesentlichen heute noch fortbestehe. Die beider- 
seitigen stark befestigten Fronten reichten vom Meere bis zur Grenze der 
neutralen Schweiz, so daß jede Umfassung ausgeschlossen war und als einzige 
Angriffsform der rein frontale Angriff im Sinne eines Durchbruchs übrig 
blieb. Dem Gelingen aber stand die Tiefe und vielfache Gliederung ent- 
gegen sowie die dem Derteidiger verbleibende Möglichkeit, hinter der Front 
mittels der Eisenbabhnen rechtzeitig Truppenverschiebungen nach den be- 
drohten Hunken vorzunehmen. 
Während der Geschützkampf in wechselnder Stärke auf der ganzen 
Linie fortdauerte, blieben bestimmte Teile der Schauplatz sich immer wieder- 
holenden blutigen Ringens. An der flandrischen Küste galt es, Angriffe 
englischer Seestreitkräfte abzuwehren; deutsche Torpedoboote und Flugzeuge 
wirkten mit den Küstenbatterien zusammen. Am serkanal blieben die 
Deutschen die Angreifer, die schwierigsten Geländeverhältnisse hinderten ihr 
Dorwärtsbommen. Im Artois war der nach Westen gerichtete rechte 
deutsche Flügel dauernden Dorstößen ausgesetzt in der Gegend von (Lille 
und in noch höherem Maße weiter südlich in der Gegend von Arrras. 
Während dort Anfang Dezember tola die Widerstandsfähigkeit der deut- 
schen Kront durch eine Gurückverlegung verbessert wurde, blieb hier vor- 
nehmlich die TLorettohöhe bei Ablain der Brennpunkt der Kämpfe. Auch 
die vorspringende Südwestecke der Front bei Rope und Woyon war wieder- 
holten VDorstößen ausgesetzt. An der Südfront waren die Gegend von 
Soissons, Craonne, südlich von Laon, Reims, die TChampagne und die 
Argonnen die Hauptkampfplätze. Am 2. Januar 1015 eroberten die 
Unserigen die seit der Schlacht an der Aisne Ende Oktober 1014 um- 
strittenen brückenkopfartigen Höhen des Mordufers gegenüber Soissons völlig 
und beherrschten seitdem den Stromübergang. In den Argonnen kamen 
die Deutschen trotz größter Anstrengung nur schrittweise vorwärts. Die 
Sähigkeit der dortigen Kämpfe erklärt sich aus der Bedeutung dieses 
zwischen der TChampagne und Derdun vorspringendeu, zur Festung um- 
gestalteten Waldgebirges für die Behauptung beider Abschnitte und für 
die Sicherung der einzigen Eisenbahnverbindung von Derdun nach Westen. 
Ostlich von Derdun wurde dauernd an den Maashöhen (Cötes lorraines) 
und in der Wobvreebene gekämpft, auf dem deutschen linken Flügel in 
den Dogesen vornehmlich in der vorspringenden Ecke Französisch-Lothringens, 
westlich von Münster, am Hartmannsweilerkopf, am Ausgange des Thur- 
tales und im Sundgau, Belfort gegenüber. 
Deutschlands Streitkräfte waren durch die Offensive im Osten so in 
Anspruch genommen, daß im Westen zunächst auf größere Unternebmungen 
verzichtet werden mußte. Aber auch die im wesentlichen auf einen Kriegs- 
schauplatz beschränkten Franzosen entschlossen sich trotz der englischen Hilfe 
erst Mitte Februar l015 zu einem groß angelegten Durchbruchsversuch —
	        
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