Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

VIII. Die Kriegsleistung der Frauen 247 
Kriegsunterstützung den Lebensbedarf nicht deckte und der Auffüllung aus 
Wohlfahrtsmitteln bedurfte. Diese bestand einerseits in Lebensmitteln, 
anderseits in Kleidungsstücken. Außerdem aber zeigten sich bald auch an- 
gesichts der gesteigerten Anforderungen an alle Wohlfahrtseinrichtungen 
Lüctken, die ausgefüllt werden mußten. Es feblten Krippen, Volksküchen, 
Kinderhorte und manche andere Einrichtungen, deren Begründung die Frauen- 
kriegshilfe entweder anregte, oder die sie selbst schaffen mußte. Sunächst 
seien die Hilfseinrichtungen auf dem Gebiete der Ernährung besprochen. 
Hier ist zu unterscheiden zwischen der Ernährungsfürsorge, die ledialich 
Aaturalzuschüsse zum Einkommen der Unterstützungsbedürftigen gewährt, 
und den Maßnahmen, die durch die allgemeine Knappheit der Lebensmittel 
nötig wurden und von der Aufklärung über kriegsgemäße Lebensweise bis 
zu den Massenspeisungen zum allergrößten Teil in den ZBänden von Frauen 
gelegen haben. Dem Anteil der organisierten Frauenarbeit an der Durch- 
führung der kriegsgemäßen Lebensweise muß ein besonderer Abschnitt 
gewidmet werden. Hier ist zunächst von der Ernährungsfürsorge als 
aturalunterstützung die Rede. 
1. Je kostbarer angesichts der vorauszusehenden Ernährungsschwierig- 
keiten alle Lebensmittel waren und je mehr es darauf ankam, an der richtigen 
Stelle in der richtigen Korm zu belfen, um so sorgfältiger mußten die zweck- 
mäßigsten Wege der Ernährungsfürsorge überlegt werden. einesfalls 
durfte durch Anweisung auf die Dolksküche die Hausfrau, soweit sie zur 
Führung des eigenen Haushalts imstande war, von dieser Pflicht befreit 
werden. Ihr mußte durch Lebensmittel geholfen werden, die sie am eigenen 
Herde zubereiten konnte. Anderseits war die Dolksküche die angemessene 
Form der Ernährungsfürsorge für alleinsteheende Dersonen, für arbeitende 
Frauen und deren k#nder. Es zeigte sich auch übereinstimmend, daß die Frauen, 
sofern sie nur irgend zur Führung des eigenen Haushalts imstande waren, 
Anweisungen auf Lebensmittel bei weitem den Speisemarken der Dolks- 
küchen vorzogen. Die Ausgabe dieser Lebensmittel erforderte zumal in den 
Großstädten eine umfassende Organisation. Es wurde darauf Gewicht ge- 
legt, den ohnehin schwer kämpfenden Kleinhandel nicht auszuschalten. Das 
geschab in der Form von Abkommen mit den Derbänden der verschiedenen 
Kleinhändler (Milchhändler, Bäcker, Gemüseläden usw.), durch welche sich 
diese Händler verpflichteten, die vom Zationalen Frauendienst ausgegebenen 
Marken in Sahlung zu nehmen und die darauf verzeichneten Waren in 
guter Beschaffenheit zu verabfolgen. Die Abrechnung erfolgte dann mit 
der Kasse des Wationalen Frauendienstes. Dieses aus Berlin genommene 
Beispiel hat zugleich für viele andere Städte Gültigkeit. Hum Teil hat man 
aber auch Lebensmittel im großen eingekauft und ausgegeben. Die Mittel 
für diese Ergänzung der Kriegsunterstützung sind zum größeren Teil durch 
die Städte zur VDerfügung gestellt (in Berlin brachte die Stadt wöchentlich 
20 000 M. durch den Nationalen Frauendienst in dieser Form zur Auszah= 
lung). Zum Teil ist aber auch die Ernährungsfürsorge aus privaten Mitteln 
bestritten. In Stuttgart haben sich z. B. die Frauen eine wöchentliche Haus- 
Baltsteuer auferlegt, aus der Motleidende gespeist wurden.
	        
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