VIII. Die Kriegsleistung der Frauen 240
c) Bekleidungsfürsorge.
In noch stärkerem Maße als bei der Ernährungsfürsorge wurde bei der
Bekleidungsfürsorge die Fähigkeit der Anpassung an die mannigfaltigsten
persönlichen Zedürfnisse in Anspruch genommen. Es galt Arbeitskleidung für
Uänner, Wäsche für Wöchnerinnen und Säuglinge, Schuhe für Schulkinder,
angemessene Ausstattung für Männer und Frauen mittlerer und höherer
Berufe zu beschaffen. Das geschah zum Teil durch die Sammlung von
gebrauchten Stücken, die in ganz großem Maßstab in die Wege geleitet
wurde. Mit den Sammelstellen wurden Arbeitsstuben, häufig auch Schuh-
macherwerkstätten verbunden, um die Sachen instand zu setzen. Sugleich
aber wurde in großem Umfange neue Kleidung bereitgestellt. Auch bei
gemischten Kriegshilfsorganisationen lag die Bekleidungsfürsorge natur-
gzemäß immer in den händen der Frauen oder unterstand ihrer Leitung.
Uberall war sorgsamste HDrüfung des Bedürfnisses Grundsatz — hier be-
sonders, weil die Gefahr des Mißbrauchs naturgemäß sehr nahe liegt.
Die mit der Bekleidungsfürsorge verbundenen Werkstätten dienten zugleich
zur Beschäftigung arbeitsloser Frauen, häufig auch als Lehrwerkstätten für
arbeitslose Jugendliche. Wenn bespielsweise berichtet wird, daß Berlin von
Kriegsbeginn bis zum Frühjahr 1015 etwa 10 000 Hersonen mit Kleidung
versorgte, daß in Hamburg in den Heiten stärkster Inanspruchnahme bis
400 Hersonen täglich versorgt wurden, daß Köln 8—9000 Hersonen monatlich
aus der Kleiderkammer der Wationalen Frauengemeinschaft ausstattete, so
wird der Umfang dieser Fürsorge deutlich. Große Aufgaben hatten die Frauen
anch zu übernebmen bei der Verarbeitung der Gegenstände, die in der
Reichswollwoche gesammelt wurden. Es möge ein einzelnes Beispiel diese
Tätigkeit veranschaulichen, die sich überall in ähnlicher Weise unter der
Leitung der vaterländischen Frauenvereine oder anderer weiblicher Kriegs-
hilf sorganisationen abspielte.
„Der Rat der Stadt hatte dem Nationalen Frauendienst die gesamte
Arbeit übertragen. Das Sammeln der Wolle besorgten Schulkinder, die von
den Leiterinnen der Bezirke des Nationalen Frauendienstes beaufsichtigt
wurden. — Die Abholung großer Packen vermittelte ebenfalls der Nationale
Frauendienst. Das Sortieren der desinfizierten Gegenstände besorgten
weibliche Fürsorgezöglinge unter Leitung ihrer Oberin und etwa Z3o frei—
willige Helferinnen des Nationalen Frauendienstes. Zur Verarbeitung der
Wolle hatte der Nationale Frauendienst sechs eigene Nähstuben eingerichtet
mit je 50 bis 80 Arbeiterinnen, außerdem arbeiteten die Mähstuben des
Frauengewerbevereins und des Hfadfinderinnenvereins mit. Neben ehren-
amtlichen Leiterinnen und Helferinnen (45) waren in den Tlähstuben ver-
schiedene bezahlte Dorarbeiterinnen, Schneiderinnen und eine Buchhalterin
angestellt. Es wurden 14 563 M. Tagelohn gezahlt; gefertigt wurden 6725
große Decken, 353 Fußsäcke, 60 Fußteppiche, 478 Kissen, 216 Muffen, 220
Westen, d0 Wetterkragen, 165 Handtücher, 273 Fußschlüpfer. — Die Räume,
Heizung, Wähmaschinen wurden dem Wationalen Frauendienst kostenlos zur
Verfügung gestellt. Große Mengen von Mleidungsstücken, die für die Swecke
der Reichswollwoche nicht verwendbar waren, gingen in den Besitz der Kleider=