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durchdringt alle Schichten des deutschen Volkes. Es ist sich der Ehrenpflicht
und der wirtschaftlichen Notwendigkeit bewußt, für die Wiederherstellung
der Erwerbsfähigkeit der Kriegsinvaliden erreichbar vollkommen zu sorgen.
Den Anstoß zu weitgehender Betätigung auf diesem Gebiete gab Ihre
Majestät die Kaiserin in einem Schreiben vom 15. August 1014, indem Höchst-
dieselbe wünschte, daß die Deutsche Dereinigung für Krüppelfürsorge sich
der orthopädischen Machbehandlung von Derwundeten annähme. Daraufhin
begann es sich bald in allen Gauen des Daterlandes zu regen, um Mittel und
Wege zur möglichst befriedigenden Lösung der so dringenden Aufgabe der
Heilung und Dersorgung der Kriegsinvaliden zu finden. In mannigfacher
Susammensetzung der sich beteiligenden Kreise und verschiedener Gestaltung
des Arbeitsfeldes gingen Dereine und öffentliche Hörperschaften an das
Werk. Nach dem sich ergebenden Gesamtbilde kann man als die neue Kriegs-
beschädigtenfürsorge die Maßnahmen bezeichnen, die über die Hflichtleistungen
der sozialen Dersicherung und der militärgesetzlichen Dersorgung hinaus-
gehend die Einführung der Kriegsbeschädigten in das bürgerliche Erwerbs-
leben dienen. Es sind freiwillige Wohlfahrtsmaßnahmen, nicht des Reichs,
sondern unter seiner finanziellen Beihilfe der Zundesstaaten, Selbstver-
waltungskörper, Träger der sozialen Dersicherung, öffentlicher Zerufsver-
tretungen (Handels-, Handwerkerkammern usw.), Berufsvereine, Arbeit-
geber und Arbeitnehmer, die zu Derbänden und Ausschüssen zusammen-
geschlossen sind. Die Hauptrichtungen ihrer Betätigung bilden die Berufs-
beratung, Berufsschulung und -Umschulung, Arbeitsvermittlung und
Arbeitsgewährung. Die Heilung der VDerwundeten und der im Felde Er-
krankten selbst ist dagegen Sache der Hheeresverwaltung, die sie mit bestem
Erfolge durchführt. Allerdings hat gerade die soziale Dersicherung und ins-
besondere die Arbeit der Berufsgenossenschaften auf dem Gebiete der
Heilung Verletzter vielfach neue Bahnen eröffnet. Die vorbeugende früh-
zeitige HBeilbehandlung mit dem Siele der möglichst vollkommenen Her-
stellung der Erwerbsfähigkeit unter Ausnutzung der neuesten Errungenschaften
der Orthopädie hat nicht nur diese selbst, sondern auch die Arzteschaft in
langjähriger Friedensarbeit für die Behandlung der Kriegsverletzten vor-
geschult. Die Heeresverwaltung ist deshalb auch bestrebt, die Erfahrungen
und Einrichtungen der Dersicherungsträger für ihre Swecke nutzbar zu machen,
indem sie die Kriegsbeschädigten, soweit sie der Reichsversicherungsordnung
unterliegen, tunlichst den Heilanstalten der Dersicherungsträger überweist
und den weiteren Ausbau der Fürsorge in dauerndem SGusammenarbeiten
mit diesen Trägern durchführt. Ein weites KFeld segensreicher Mitarbeit
eröffnet sich den Dersicherungsträgern in der Uberführung der Kriegs-
teilnehmer in das bürgerliche Erwerbsleben. Da die Entschädigung durch
Rente sich nach dem Grade der Erwerbsfähigkeit abstuft, werden die Bezugs-
berechtigten regelmäßig auch auf Arbeitsverdienst angewiesen sein. Grund-
sätzlich muß man von ihnen verlangen, daß sie selbst sich darum bemüben.
Aber ihr Gefühl der Selbstverantwortlichkeit muß gestärkt werden. Der
durch körperliche Leiden geschwächte Wille führt leicht zur Mutlosigkeit.
Oft findet der einzelne allein keine Arbeitsgelegenheit, „Rentenhv#sterie"