Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

298 A. Crecelius 
bis 15. August eingezahlt wurden rund 128 Millionen Mark in 180 000 Hosten; 
zur Abhebung kamen rund 141 Millionen Mark in 187 o00 Hosten. Da- 
gegen wurden im gleichen Seitraum 10 14 eingezahlt 115 Millionen Mark 
in 141 000 Posten; zur Abhebung kamen 168 Millionen Mark in 262 000 
Posten. Bei den Kreditgenossenschaften des Allgemeinen Deutschen Genossen- 
schaftsverbandes — bei den übrigen Derbänden war es wohl ähnlich — sind 
die härtesten Tage die Tage der Ungewißheit, d. h. die Tage vor der Mobil- 
machung gewesen. Mit dem Montag, dem 5. August, ließen die Abhebungen 
bereits nach, wohl der beste Beweis, welches Dertrauen unser Dolk nicht 
nur zur GSukunft und Macht des Daterlandes, sondern auch in seine wirt- 
schaftlichen Einrichtungen hatte. 
So sehr die Umstände den Kreditgenossenschaften die Erfüllung ihrer 
Aufgabe erleichtert haben, so darf doch nicht vergessen werden, wie groß 
die Aufgabe war und was es bedeutet, daß sie die Kraftprobe bestanden 
haben. Man braucht sich nur die Summen zu vergegenwärtigen, die in 
den Genossenschaften arbeiten, um zu erkennen, welche wirtschaftlichen 
Erschütterungen sich für unser Daterland ergeben hätten, wenn die Genossen- 
schaften versagt hätten. Die Kreditgenossenschaften konnten diese Aufgabe 
bewältigen, da sie sich organisch als gesundes Glied in unsern Wirtschafts- 
körper einfügen und als solches eine starke Rückendeckung in ihren Sentral- 
kreditinstituten der Hreußischen Sentralgenossenschaftskasse und der Dresdner 
Bank hatten. Die Hreußische Sentralgenossenschaftskasse hat innerhalb 
zwölf Tagen einen Kassenausgang von 370 Millionen Mark gehabt. Mit 
Ende des Jahres 10|14 hatten die Genossenschaften an Spareinlagen und 
sonstigen fremden Geldern den früheren Stand wieder erreicht, wobei zu 
berücksichtigen ist, daß die Genossenschaften inzwischen bereits für die erste 
Kriegsanleihe gewaltige Summen aufgebracht hatten. 
2. Bei Kriegsbeginn machte sich freilich die Besorgnis geltend, ob die 
bestehenden Kreditinstitute den Anforderungen zu entsprechen vermöchten 
und ob man ihnen zumuten könne, das besondere Risiko, das der Krieg 
mit sich brachte, und in ganz neuen oder erhöhten Kreditansprüchen, den 
sogenannten „Kriegskrediten“, zutage trat, zu übernehmen, ohne sie in der 
Erfüllung ihrer regelmäßigen, aus der Friedenszeit übernommenen Auf- 
gaben zu schwächen. Diele Handwerker waren zudem einer Kreditgenossen- 
schaft überhaupt noch nicht angeschlossen und suchten jetzt erst in letzter Stunde 
nach einer Kreditquelle. Besonders hieraus ist es zu erklären, daß immerhin 
manches, vielleicht durchaus berechtigte Kreditverlangen im ersten Sturm 
und Drang auf Schwierigkeiten stieß und daß sich namentlich bei den Organi- 
sationen und Interessenvertretungen des Handwerks Wünsche nach Abbilfe 
geltend machten. Das Handelsministerium machte aber im Erlaß vom 
18. August Jol## darauf aufmerksam, daß das Genossenschaftswesen bei 
Anschluß an die über reiche Mittel verfügende preußische Sentralgenossen- 
schaftskasse in der Lage sei, jeden berechtigten Kreditanspruch der mittel- 
ständischen Kreise zu befriedigen, und zwar nicht allein ihrer bisherigen 
Mitalieder, sondern auch derjenigen, die es bisher versäumt hatten, sich an 
eine Genossenschaft anzuschließen. Tatürlicherweise sahen die Genossen-
	        
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