Full text: Staatsbürgerliche Belehrungen in der Kriegszeit. Band 2. (2)

X. Die Genossenschaften und der Krieg 299 
schaften zunächst ihre Aufgabe dariu, die gewährten Kredite durchzuhalten 
und ihre Geldmittel zur Befriedigung des Kreditbedürfnisses ihrer bis- 
herigen Mitglieder zu reservieren. Damit aber waren diejenigen Creise, 
die es bisher unterlassen hatten, sich an die Genossenschaften anzuschließen, 
auf deren Kreditdeckung sich deshalb die Genossenschaften nicht eingerichtet 
hatten, kreditlos. Um aber auch ihnen den ihnen aus ihrer Dersäumnis 
erwachsenen Schaden zu mildern, erklärte sich die Hreußenkasse bereit, den 
Genossenschaften und ihren Sentralkassen für den Fall ihrer nachträglichen 
Aufnahme weitere Kredite in Höhe des vollen berechtigten wirtschaft- 
lichen Kreditbedarfs zur Derfügung zu stellen. Bei der Kürze der Seit 
aber waren die Kreise auch nicht in der Lage, hierfür die bestimmungs- 
gemäßen Unterlagen zu beschaffen. Auch nach dieser Richtung hin traf 
die HPreußenkasse Dorkehrungen, indem sie leicht und schnell zu beschaffende 
Ersatzunterlagen zuließ. Die ganze Maßnahme trug sehr viel zur Be- 
ruhigung der mittelständischen Kreise binsichtlich der befürchteten Kredit- 
not bei. 
Diese Dorgänge haben aber zum erheblichen Teil heute nur die Be- 
deutung einer Erinnerung, denn die Tage der Geldknappbeit gingen schnell 
vorüber und machten einer Geldflüssigkeit Hlatz, wie wir sie in Friedens- 
zeiten niemals gekannt hatten. So kam es, daß die Jnanspruchnahme wohl 
aller Kriegskreditinstitute — erfreulicherweise — äußerst gering blieb, und 
daß sie zurzeit in der Stille ein beschauliches Dasein führen dürfen. Eine 
Konferenz, die im Mai 1015 im ZReichsamt des Innern stattfand, konnte 
feststellen, daß eine Kreditnot des Mittelstandes nicht bestehe. 
b) Beteiligung der Genossenschaften an den Kriegsanleihen. 
Sind so den Kreditgenossenschaften bei der Uberleitung der Friedens- 
wirtschaft in die Kriegswirtschaft die Verhältnisse, wie sie der Krieg selbst 
zeitigte, zu Hilfe gekommen, so haben sie dafür um so wesentlicheren Anteil 
an der Lösung der weiteren Kriegsaufgaben zu übernehmen vermocht. 
An erster Stelle ist ihre Beteiligung an den Kriegsanleihen zu 
erwähnen. Die Genossenschaften haben für die erste Kriegsanleihe 1#16,5 Mil- 
lionen Mark, für die zweite 558, 5 Millionen Mark, für die dritte 811 Millionen 
Mark und für die vierte 946,5 Millionen Mark, insgesamt rund 2,5 Milliarden 
Ulark aufgebracht. Hierzu kommen noch erhebliche Beträge von genossen- 
schaftlicher Seite, die nicht durch die eigenen Dermittlungsstellen der Ge- 
nossenschaften gingen; ferner umfaßt das Ergebnis im wesentlichen nur die 
Seichnungen der Kreditgenossenschaften, während auch die übrigen Genossen- 
schaftsarten, besonders KRonsumvereine und Baugenossenschaften, erhebliche 
Beträge aufgebracht haben. Die starke Steigerung der genossenschaftlichen 
Seichnungen bei der zweiten und den folgenden Anleihen ist darauf zurück- 
zuführen, daß die Kreditgenossenschaften dank dem Entgegenkommen der 
Reichsbank von der zweiten Anleihe an als Seichnungsstellen zugelassen 
wurden. Diese Derfügung war mit Rücksicht auf die Zedeutung der Ge- 
nossenschaften und die bei ihnen schon bei der ersten Anleihe gezeichneten 
Summen gerechtfertigt.
	        
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