II. Die Beziehungen zwischen Deutschland und seinen Verbündeten 55
und „Breslau“ im Anfange des Weltkrieges aus dem Mittelmeer in den
Schutz der Meerengen und der Türkei vollziehen konnten. Aber natürlich
war der Leitung der Türkei bereits vorher klar, daß sie zu diesen Welten—
kämpfen entschieden Stellung würde nehmen müssen. Der Krieg war ja,
wie er für Gsterreich-Ungarn an der serbischen Frage entbrannte, zwischen
Deutschland und Rußland recht eigentlich um der Türkei willen ausgebrochen.
Seit 1015 Deutschland den russischen Dersuchen, die armenische Frage in
einer für Rußland einseitig günstigen Weise zu lösen, den entschiedensten
Widerstand entgegengestellt hatte, war im Grunde schon klar, daß zwischen
Deutschland und Rußland eine tiefgreifende Auseinandersetzung um die
Türkei stattfinden würde. So war es vor allem für Enver Hascha nicht
zweifelbaft, daß die Türkei in den Krieg hereingezogen werden würde.
Ebensowenig zweifelhaft ist es ihm auch gewesen, daß sie das nur im
Anschluß an Deutschland würde tun können. Sier lagen die Dinge
vollständig klar, klarer von Anfang an als im Derhältnis zu Bulgarien.
Denn Deutschland tritt für die Erhaltung der Türkei und ihre Kräftigung
ein. Rußland und England aber standen zu ihr in einem Gegentatze,
der nichts weniger wollte als die Sertrümmerung, und zwar der ge-
samten Türkei. Denn was blieb übrig, wenn Rußland Konstantinopel und
die Meerengen für sich nähme und England Mesopotamien und Arabien,
das es für seine Pläne einer direkten Derbindung zwischen Indien und
Agppten brauchtd Sprien etwa, das nach diesem schönen Plane Frankreich
zugefallen wäre, und auf die kleinasiatische Küste erstreckte sich schließlich auch
der uferlose Ehrgeiz Jtaliens, das die im Kriege gegen die Türkei eroberten
Inseln des Agäischen Meeres immer noch nicht wieder herausgegeben hat.
So faßte die Türkei ihren Entschluß und trat an die Seite der Sentral-
mächte. Sie sperrte die Dardanellen und unterbrach damit die Der-
bindung zwischen Rußland und seinen Bundesgenossen über das Mittel-
meer. Daß sie das tat und daß sie mit starker deutscher Hilfe die Sperrung
der Dardanellen auch gegen die englisch-französischen Angriffe seit Februar
1015 halten konnte, ist ihr großes Derdienst in diesem Kriege. Denn sie
bewirkte dadurch, daß Rußland sein Getreide nicht mehr ausführen, infolge-
dessen nichts verkaufen konnte und somit seine Finanzen sehr viel rascher
in Unordnung gerieten, und daß andererseits die Dersorgung Rußlands mit
Kriegsmaterial durch seine Zundesgenossen ungebeuer erschwert wurde, wie
das Bemühen der Entente überhaupt, die sogenannte „einheitliche Front“
Berzustellen, den Ring um die Sentralmächte ganz zu schließen.
I. Die Entwicklung der Beziehungen zwischen Deutschland und
der Türkei.
Durch diese Gemeinsamkeit des Krieges, die auch in den Unter-
nehmungen nach dem Suezkanal und den Kämpfen in Mesopotamien weiter-
geführt wurde, wurden Zeziehungen zwischen Deutschland und der Türkei
besiegelt, die noch nicht ein Menschenalter alt sind. Denn wir legen heute
keinen Wert darauf, daß zur Seit Friedrichs des Großen ein Bündnis Hreußens
mit der Türkei bestand oder unter Friedrich Wilhelm II. gleichfalls vor-