Theorien über Rechtsgrund des Staates. 19
Gefolgschaftswesens und des Feudalismus gerade in Deutschland
für die staatsrechtlichen Verhältnisse besondere Wichtigkeit gehabt.
Der mittelalterliche Staat, welcher wie Privateigentum
geteilt, verpfändet, veräußert werden konnte, in welchem der
Monarch zum Teil die Staatskosten trug, stellt sich als Ver—
körperung dieser Theorie dar. ·
Sie verkennt aber, daß es ein Eigentum im privatrechtlichen
Sinn nur an den willkürlicher Disposition unterworfenen Sachen
gibt, während sich alles Ansehen und alle Gewalt im Staat auf
dessen Ordnung und Notwendigkeit gründet.
e) Religiöse Theorie. Der Staat wird als eine Stiftung
Gottes betrachtet. In unmittelbarem Sinn verstanden, führt
diese Theorie zur Theokratie: Gott, welcher den Staat schafft,
erhält und regiert auch den Staat; er offenbart das Gesetz.
Dies war die Auffassung der Inden.
In mittelbarem Sinne verstanden, ist die Idee nicht cigent-
lich eine historische, sondern sie erkennt eben die schicksalsmäßige
Leitung der Weltgeschichte durch Gott an. Ihr Hauptvertreter in
Deutschland war der Theologe Stahl.
2. Rationelle Theorien.
a) Vertragstheorie. Der Staat ist hiernach das freie
Werk der einzelnen Menschen, welche als Bürger demselben bei-
treten, er ist das Erzeugnis des Vertrags. Der Staat wird
als eine Gesamtheit von Individuen (Gesellschaft) gedacht; aber
mit der vertragsmäßigen Gleichheit Aller ist der Begriff von
Obrigkeit und Untertauen nicht vereinbar; ebensowenig
ist die zum Vertrag erforderliche Ubereinstimmung des Willens
aller Staatsbürger (als Kontrahenten) jemals vorhanden.
Die Vertragstheorie ist aufgestellt von Hugo Grotius (1583
bis 1645) und namentlich von Jean Jacques Rousfseau (1712
bis 1778) in seinem Werk le contrat social und weiterhin von
Kant (1721—1804) vertreten.
b) Ideale Theorie. Der Staat ist der höchste Ausdruck
wach gewordenen Gesamtgeistes und Gemeinwillens, ein
„vernunftnotwendiger" sozialer Zustand. Die Verbreitung
dieses Staatsbewußtseins über das ganze Volk zeigt erst die wahre
Entwickelung des Staates, in welchem alle Klassen zusammenwirken
zu der Ordnung und Leitung des Gemeinwesens.
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