Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

770 Inzemburg. (November 13. 26.) 
Wir haben diesen Protest zur Kenntnis der Garantiemächte gebracht. Die 
Kammer hat unsere Handlungsweise gebilligt. Obwohl verkannt, bleiben 
unsere Rechte durchaus bestehen. Es wurde uns für das uns zugefügte 
Unrecht eine Entschädigung versprochen und für den von den Truppen 
angerichteten Schaden wurden uns bereits Entschädigungsgelder ausgezahlt. 
Das Land fühlt sich keineswegs von den Pflichten entbunden, die ihm 
durch die internationalen Abmachungen auferlegt werden, unser Protest 
bleibt bestehen. Wir halten ihn in seiner ganzen Tragweite aufrecht. (Bei- 
fall.) Ich danke der Bevölkerung für ihre korrekte Haltung, durch die un- 
liebsame Vorkommnisse verhütet wurden. Wir werden unseren internatio- 
nalen Pflichten nicht untreu werden. Unser Volk war wirklich glücklich, 
unser Nationallied zeugt dafür. Luxemburg hat den Beweis für sein Existenz- 
recht erbracht. Es will und muß fortfahren zu bestehen Es ist Pflicht der 
Regierung, die öffentliche Gewalt in ihrem ganzen Umfange aufrecht zu 
erhalten. Es ist für mich ein großer Trost zu wissen, daß ich mich mit 
der Regierung, der Volksvertretung und dem ganzen Volke eins fühle. 
Bleiben wir geeint! Inmitten der Ereignisse, wobei unsere Nachbarländer 
Wunder der Tapferkeit für die Größe und das Glück ihres Baterlandes 
verrichten, wollen auch wir uns ganz für unser Vaterland einsetzen. Gott 
schütze unser teures Vaterland! 
13. November. (Kammer.) Der von R. Brasseur als Bericht- 
erstatter verfaßte Entwurf zur Antwortadresse auf die Thronrede 
wird einstimmig angenommen. 
Es heißt darin u. a., daß die Großherzogin patriotische Worte ge- 
funden habe, um die Besorgnisse des Landes auszudrücken, seine Rechte 
zu behaupten und an seine Pflichten zu erinnern. Alle Luxemburger seien 
mit diesen Erklärungen von Herzen einverstanden. Die Adresse stellt noch- 
mals fest, daß der Londoner Vertrag, der die immerwährende Neutralität 
Luxemburgs gewährleistet, ihm zur Pflicht gemacht hat, die Festung zu 
schleifen und untersagt, ein Heer zu halten. Das Land hat alle seine 
Pflichten erfüllt und jetzt gegen die Neutralitätsverletzung protestiert. Mit 
Recht verkündet die Großherzogin, daß unsere Rechte, wenn auch mißachtet, 
in voller Kraft bestehen bleiben und Luxemburg sich weiter an Staats- 
verträge für gebunden hält. Diese würdevollen und mannhaften Worte 
werden jenseils der Grenze Widerhall finden, und alle Garantiemächte 
werden deren Korrektheit und Aufrichtigkeit würdigen. Land und Kammer 
erklären mit der Herrscherin im Angesicht Europas, daß Luxemburg seine 
Lebensfähigkeit und Daseinsberechtigung bewiesen hat. Das Land will, 
muß und wird weiterleben. Wenn einmal die Kanonen schweigen, werden wir 
uns im Rat der Völker auf diese Vergangenheit voll weiser Mäßigung, ehrlicher 
Arbeit und friedlicher Korrektheit berufen. Wenn die Vorsehung uns erhört, 
werden wir dem Vaterland in den Falten des Nationalbanners unsere Frei- 
heiten, Unabhängigkeit und die Sicherstellung unserer Zukunft wiederbringen. 
26. November. Wie das „Luxemburger Wort“ meldet, hat 
das Deutsche Reich bis jetzt dem Großherzogtum Luxemburg für 
Flurschäden usw. Entschädigungen in Höhe von 1283000 Franken 
gezahlt. Außerdem erhielt die Großherzogliche Regierung für die 
Benutzung von Straßen und Wegen sowie für Benutzung von Staats- 
gebäuden (für Einquartierungen) die Summe von 311000 Franken.
	        
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