Full text: Heft 1. Die Verfassungen des Norddeutschen Bundes vom 17. April 1867 und des Deutschen Reiches vom 16. April 1871.

Anlage 7. Das Gesetz über den Unterstützungswohnsitz. 235 
  
6 32 . 
Soweit nach Bestimmung der Landesgesetze einzelne Zweige 
der öffentlichen Armenpflege den Landarmenverbänden übertragen 
sind, gehen auf diese die Rechte und Pflichten der Ortsarmen- 
verbände über. 
l 33. 
Wird ein Deutscher, der keinen Unterstützungswohnsitz hat, 
auf Verlangen einer ausländischen Staatsbehörde oder auf Antrag 
eines Konsuls oder Gesandten des Reichs aus dem Ausland über- 
nommen, so liegt, wenn bei der Ubernahme der Fall der Hilfs- 
bedürftigkeit vorhanden ist oder innerhalb sieben Tagen nachher 
eintritt, die Verpflichtung zur Erstattung der Kosten der Unter- 
stützung beziehungsweise zur Üübernahme des Hilfsbedürftigen dem- 
jenigen Bundesstaat ob, innerhalb dessen der Hilfsbedürftige seinen 
letzten Unterstützungswohnsitz gehabt hat, mit der Maßgabe, daß 
es jedem Bundesstaat überlassen bleibt, im Wege der Landesgesetz- 
gebung diese Verpflichtung auf seine Armenverbände zu über- 
tragen. 
« §34. 
Muß ein Ortsarmenverband einen hilfsbedürftigen Deutschen, 
welcher innerhalb desselben seinen Unterstützungswohnsitz nicht hat, 
unterstützen, so hat der Ortsarmenverband zunächst eine vollständige 
Vernehmung des Unterstützten über seine Heimats-, Familien= und 
Aufenthaltsverhältnisse zu bewirken, und sodann den Anspruch aüf 
Erstattung der aufgewendeten beziehungsweise aufzuwendenden Kosten S. 259 
bei Vermeidung des Verlustes dieses Anspruchs binnen sechs Mo- 
naten nach begonnener Unterstützung bei dem vermeintlich ver- 
pflichteten Armenverbande mit der Anfrage anzumelden, ob der 
Anspruch anerkannt wird. 
IIst der verpflichtete Armenverband nicht zu ermitteln, so hat 
die Anmeldung behufs Wahrung des erhobenen Erstattungsan- 
spruchs innerhalb der oben normierten Frist von sechs Monaten 
bei der zuständigen vorgesetzten Behörde des beteiligten Armen- 
verbandes zu erfolgen. 
Ist nach der Ansicht des unterstützenden Ortsarmenverbandes 
der Fall dazu angetan, dem Unterstützten die Fortsetzung des 
Aufenthalts nach § 5 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 
1. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 55 ff.) zu versagen, und 
will der Ortsarmenverband von der bezüglichen Befugnis Gebrauch 
machen. so ist dies in der Benachrichtigung ausdrücklich zu be- 
merken.
	        
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