Anhaug I. Elsaß-Lothringen. 303
regierung für die Reichslande mit dem Domizil in Straß-
burg einsetzte.
1. Diese bestand aus dem Statthalter, der für Elsaß-
Lothringen an die Stelle des Kanzlers trat, dem der Kaiser aber
auch landesherrliche Befugnisse zur Ausübung übertragen konnte
(6 1), und einem Ministerium mit einem Staatssekretär an
seiner Spitze (5 3).
2. „Die Zahl der Mitglieder des Landesausschusses
wird auf achtundfünfzig erhöht.“ Diese bestanden aus
34 Delegierten der Bezirkstage und 24 in den 4 größten Städten
und in 20 Landkreisen gewählten Mitgliedern.
Der Landesausschuß erhielt das Recht der gesetzgeberischen
Initiative (5 21).
3. Die Herausgabe des Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen wurde
jetzt dem Ministerium in Straßburg übertragen.
VIII. Ihren nahezu vollständigen Abschluß erhielt diese ver-
fassungsrechtliche Entwicklung rurch das „Gesetz über die Ver-
fassung Elsaß-Lothringens“ und das „Gesetz über die
Wahlen zur zweiten Kammer des Landtags für Elsaß-
Lothringen“ — beide vom 31. Mai 1911.
Die fundamentalen Neuerungen dieses Gesetzes bestehen darin:
1. Elsaß-Lothringen erhält drei Stimmen im Bundes-
rat, deren Träger der Statthalter ernennt und instruiert (A. I
Art. II.82).
2. Der Landesausschuß wird aufgehoben und durch
einen „Landtag“ mit zwei Kammern ersetzt (Art. II 6 5).
„Die zweite Kammer geht aus allgemeinen und direkten Wahlen
mit geheimer - nach Maßgabe eines Wahlgesetzes her-
vor“ (A. II 97
3. Für nneb Landesgesetzgebung wird der Reichstag
ganz ausgeschaltet und alle Landesgesetze werden vom Kaiser
mit Zustimmung des Landtags erlassen (Art. II 5 5).
4. Der Kaiser erhält für die Zeit, in welcher der
Landtag nicht versammelt ist, ein Notverordnungsrecht.
Im übrigen bleibt das bisherige Verfassungsrecht im wesent-
lichen bestehen, nur wird es zum Teil durch Aufnahme in das neue
Verfassungsgesetz einer Novation in der Form unterzogen.
Art. III des Verfassungsgesetzes bestimmt: dieses Gesetz
annn. nur durch Reichsgesetz aufgehoben oder abgeändert
werden".