#§. Das sog. Verfassungs-Verständniß. Vom 12. Juli 1. 43. 291
Ausserordentliche, zur Zeit der Willigung unvorherseh-
bare, sonach in das Bupyget nicht eingestellte Staats-
bedürfniße finden in dem Reichsrelservefond und subsidiär in den
etwaigen Ueberschüssen des Staats-Einkommens auch in diesem
Falle ihre gesetzliche Deckung.
Die in das Buvdget eingestellten Ausgaben aber können
nur in so ferne realisirt werden, als sie die Natur eines
zur Zeit der Willigung bestimmtvorherzusehenden Staats-
bedürfnisses“ (s. §. II. Ziff. III. A. a und b) tragen, und sollten
die Deckungsmittel nicht zulänglich seyn, alle in vas Bupget ein-
gestellten Staats-Bedürfnisse zu decken, so befriediget die Regierung
zunächst jene unter diesen Staats-Bedürfnissen. welche auf
gesetzlichen oder rechtlichen Verpflichtungen beruhen, dann jene,
welche ihr gemäß ihres regiminalen Ermessens als die dringenosten
erscheinen.
8. V.
Die Verfassung gebietet ferner in Tit. VII. 8. 10 „daß ben
Ständen bei jeder Versammlung eine genaue Nachweisung über
die Verwendung des Staatseinkommens vorgelegt werde.“
g. VI.
Aus dieser Verfassungs-Bestimmung folgt:
I. in Absicht auf die Nachweisungen selbst: Daß
bieselben alle irgendwie realisirten Staats-Einnahmen
und alle irgendwie aus Staatsmitteln (namentlich
auch in Gemäßheit des Tit. VII. §5. 8 der Verfassungs-
Urkunde) als „ausserordentlich und unvorhersehbar“ aus
Ueberschüssen des bestehenden Staats-Einkommens
bestrittene Ausgaben genau und vollständig nachgewiesen
(vokumentirt) darlegen müssen.
In Absicht auf die Befugnisse der Stände: Daß
biese befugt sind, die Nachweisungen einer sorgfältigen
Prüfung zu unterwerfen, und sofern sie die Ueberzeugung
schöpfen, es seyen entweder
a) die Staats-Einnahmen nicht vollstänvdig und streng
gesetzmässig verwirklicht, oder
b) die in das Budget eingestellten ordentlichen und
ausserordentlichen, bestimmt vorher zu sehenden
Staats-Bedürfniße nicht vollständig, nicht ent-
sprechend, oder mit Ueberschreitung ihrer budget-
mässigen Größe bestritten, oder
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S. 273.
S. 274.