Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Interessen von Fürst und Land, unermüdliche Schaffensfreudigkeit und seine 
alle Gebiete des staatlichen Lebens umfassende Fürsorge und Thätigkeit mit gutem 
Recht nachgerühmt. 
Diese Fürsorge erstreckte sich in erster Linie auf die Hebung des damals 
wenig in Ansehen stehenden Beamtenstandes, auf Herstellung verfassungsmäßiger 
Zustände im Lande, Ordnung der inneren Verwaltung; es folgte eine große 
Anzahl umfassender Gesetze auf allen Gebieten der Verwaltung. Seine ganz 
besondere Fürsorge war der Pflege der thüringischen Gerichtsgemeinschaft ge— 
widmet, die sich in den sechziger Jahren durch den Hinzutritt von Sachsen- 
Coburg und Gotha und von Reuß jüngerer Linie erweiterte und bei dem 
Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze am 1. Oktober 1879 zur Einrichtung des 
gemeinschaftlichen thüringischen Oberlandesgerichts in Jena sowie zur Bildung 
von gemeinschaftlichen Landgerichten in Meiningen, Eisenach, Rudolstadt und 
Gera geführt hat. 
Die Niederschreibungen des Verstorbenen enthalten zahlreiche interessante 
Mitteilungen über die damaligen Verhältnisse, deren vollständige Veröffentlichung 
aber zur Zeit als noch ausgeschlossen betrachtet werden muß. Dies gilt nament- 
lich von der Darstellung der Verhandlungen des Frankfurter Fürstenkongresses 
vom Jahre 1863, dem der Verstorbene beigewohnt hat. 
Ueber die Ereignisse der Jahre 1864 und 1865 sowie der darauf folgenden 
Jahre hat er die nachstehenden Aufzeichnungen hinterlassen: 
„Es folgten nun die Jahre 1864 und 1865, der Krieg gegen Dänemark, 
die schleswig-holsteinschen Verwicklungen, die neuen Differenzen mit Oesterreich 
und endlich die Katastrophe, die zum Kriege führte. Inzwischen waren aber 
die Verfassungsreformbestrebungen fortgesetzt. Oesterreich hatte die süd= und 
mitteldeutschen Regierungen wieder zu Besprechungen nach Augsburg und Würz- 
burg eingeladen, die indes resultatlos verliefen. Wir hatten eine Einladung 
gar nicht erhalten. Am 9. April 1866 beantragte Preußen beim Bunde die 
Einberufung eines Parlaments; der Antrag wurde abgelehnt. Die Spannung 
zwischen Oesterreich und Preußen stieg immer höher, nahm stetig größere Schärfe 
an. Am 20. Moi 1866 richtete Preußen an uns und an andere mit ihm 
in näheren Beziehungen stehende Regierungen die Frage, ob Preußen auf die 
Bundesgenossenschaft des Fürsten rechnen könne und ob er bereit sei, im Kriegs- 
falle das Kontingent dem Könige zur Verfügung zu stellen. Es fand hierüber 
in Eisenach eine Konferenz der thüringischen Minister statt, an der auch ich 
teilnahm und nach deren Ergebnissen die preußische Anfrage vom 20. Mai in 
der verbindlichsten Weise mit dem Ausdruck des vollsten Vertrauens und der 
größten Sympathie für Preußen dahin beantwortet wurde, daß man, so lange 
der Bund bestehe, in der Lage bleiben müsse, den Bundespflichten zu genügen, 
daß das Kontingent durch den Bund für die Festung Landau bestimmt sei und 
daß die Regierung, ohne bundesbrüchig zu werden, nicht neue Verpflichtungen
	        
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