Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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mußte. Durch ein von Michaelis und Genossen gestelltes Amendement zur 
Bundesverfassung war die Kompetenz des Bundes auf die Paßgesetzgebung aus- 
gedehnt worden. Auf Grund dieser Bestimmung legte Bismarck dem Bundesrat 
den Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung des Paßzwanges, vor, 
woraus das spätere Gesetz vom 12. Oktober 1867 (B.-G.-Bl. S. 33) hervor- 
gegangen ist.) 
Darüber, daß der Reichstag die Instanz sei, welche berufen war, der 
Kreditnot zu steuern, unter welcher der städtische und ländliche Grundbesitz litt, 
war bei Gründung des Norddeutschen Bundes kein Zweifel. Als Mittel zur 
Abhilfe beantragte Bismarck beim Bundesrat die Veranstaltung einer Enquete 
mit dem Zwecke, die Gründe der in manchen Landesteilen vorhandenen Hypo- 
thekennot der Grundbesitzer, die Errichtung von Hypothekenbanken und 
den Zustand der Hypothekengesetzgebung in Erwägung zu ziehen. 
Auf die Vorschläge des vierten Ausschusses des Bundesrats wurde be- 
schlossen, daß derselbe zur Anstellung der Enquete über das Hypotheken- 
bankwesen durch Hessen, Schwerin, Weimar und Braunschweig zu verstärken sei, 
daß die Bundesregierungen aufzufordern seien, Sachverständige namhaft zu 
machen, und daß für die Vernehmung folgende Fragen als leitend zu betrachten 
seien: ob die Wege, welche bisher eingeschlagen, und die Mittel, die bisher 
benutzt waren, an sich als richtig anzuerkennen sind? worin die Ursachen zu 
suchen sind, aus welchen bisher der Zweck nicht erreicht ist, ob in gesetzlichen 
oder administrativen Beschränkungen? in welchem Verhältnis diese Ursachen zu 
den beiden vorhandenen Formen von Hypothekenbanken, Assoziationen von 
Grundbesitzern und Aktiengesellschaften, stehen? welche Maßregeln zu ihrer Be- 
seitigung getroffen werden können? ob einer der erwähnten beiden Formen im 
Interesse des Realkredits der Vorzug zu geben ist? Die Engquete sollte sobald 
als möglich beginnen) 
Am 4. September 18677#) unterbreitete Bismarck dem Bundesrat den 
Antrag Preußens, der Bundesrat wolle beschließen, zur Ausarbeitung des 
Entwurfs einer „Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten 
für die Staaten des Norddeutschen Bundes“ eine besondere Kommission zu 
berufen. Diese Kommission sollte aus acht angesehenen, vom Bundesrat gewählten 
  
  
*) Ein fernerer Antrag Bismarcks an den Bundesrat zielte auf die Einführung über- 
einstimmender Paßformulare. 
**) Nach den schon in den Ausschußverhandlungen hervorgetretenen Bedenken über 
die Kompetenz und über die Schwierigkeit einer einheitlichen Hppothekengesetzgebung, nahm 
der Bundeskanzler später den auf die Hypothekenordnung bezüglichen Teil seines Antrages 
zurück, sich unter diesen Umständen eine schleunigere Erledigung desselben auf dem Wege 
der Landesgesetzgebung versprechend. Auf das Ergebnis der Enquete werden wir später 
zurückkommen. 
*““) Bei den übrigen Vorlagen Bismarcks aus dem Jahre 1867 steht das Datum der 
Einbringung derselben in den Bundesrat nur ganz vereinzelt fest.
	        
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