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den ihm etwa erteilten Befehlen zu richten, aber zu einer förmlichen Instruktions-
einholung, wie bei dem alten Bundestag, fehlte nicht selten die Zeit, weil die der
Abstimmung im Plenum zu Grunde zu legenden gedruckten Ausschußberichte sich
nur etwa zwei oder drei Tage in den Händen der Mitglieder befanden. Eben
deswegen schien aber auch das zu Anfang noch von den meisten Regierungen
befolgte System, ihre dirigirenden Minister oder sonstige höhere Beamte, welche
zu Hause mit den dortigen Verwaltungsgeschäften fortlebten, zu den Bundesrats-
sitzungen nach Berlin zu schicken, dem ganzen Geist der neuen Einrichtung mehr
zu entsprechen, als die von einigen wenigen Regierungen angenommene Mo-
dalität, ihren bei Preußen accreditirten und deswegen immer in Berlin wohn-
haften Gesandten auch die Stimmführung im Bundesrat zu übertragen. Die
weitere Nachahmung dieses Beispiels hätte schließlich dahin geführt, den Ge-
schäftsgang der neuen Bundesversammlung dem der alten ähnlicher zu machen,
als gut gewesen wäre. «
Uebersieht man das gesamte Arbeitsfeld, so springt in die Augen, daß
die Initiative im Bundesrat in dieser ersten Session fast ausschließlich von dem
Präsidium respektive von dem Bundeskanzler und von Preußen ausging. Auch
die übrigen im Bundesrat vertretenen Staaten hatten das Recht, Initiativanträge
zu stellen, sie haben jedoch davon nur in beschränktem Maße Gebrauch gemacht.
Zwischen Bundesrat und Reichstag zeigte sich eine Einigkeit, wie sie später
nie wieder erreicht wurde. Der Reichstag nahm alle Vorlagen des Bundesrats
an, mit Ausnahme des Bundesschuldengesetzentwurfs, und der Bundesrat
lehnte von den Initiativanträgen des Reichstags nur den Gesetzesvorschlag, be—
treffend die Koalition von Arbeitern und Arbeitgebern, ab. Das Verhältnis
des Präsidiums respektive Bismarcks zum Bundesrat ließ gleichfalls nichts zu
wünschen übrig.“) Die Maschine arbeitete ohne Behinderung, und der Bundesrat
bewies thatsächlich, daß er in keiner Weise, wie spöttisch geweissagt worden
war, nur eine neue Auflage des in Augsburg begrabenen alten Bundestags war.
Zum Schlusse wollen wir noch einer hochpolitischen Aeußerung gedenken,
welche Bismarck am 11. Dezember 1867 im Abgeordnetenhause über den
Bundesrat gemacht hat. Es handelte sich um die Frage, ob infolge der
Administrativkonvention zwischen Preußen und Waldeck die Stimme des letzteren
im Bundesrat Preußen zuwachsen solle. Bismarck sprach sich sehr entschieden
gegen einen solchen Zuwachs aus: „Was ist außerdem das Schicksal der
Bundesverfassung in der Oekonomie ihres Stimmverhältnisses,“ bemerkte er,
„wenn die Stimmenzahl anfängt, sich zu vermindern? Es ist angedeutet
worden, daß zwischen fünfundzwanzig und vierundzwanzig Stimmen — ich weiß
nicht, ob ich mich in der Ziffer irre — die zur Mojorität erforderlich sind,
*) Am 11. September 1867 war Bismarck mit den Mitgliedern des Bundesrats zur
Tafel bei dem König; am 9. Dezember 1867 gab er selbst ein Diner für dieselben.