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aber niemals zu sehen bekamen, spielte Philipsborn eine Rolle.“) Auf den
parlamentarischen Soiréen war derselbe ein regelmäßiger Gast. **)
Bei alledem war Philipsborn dem Kanzler nicht sympathisch, obwohl ersterer
sich alle erdenkliche Mühe gab, Konflikten mit dem Chef auszuweichen. Philips-
born hatte vor jeder Begegnung mit demselben eine gewisse Scheu. Als Bis-
marck seine Schwenkung in der handelspolitischen Frage machte (1879), war
Philipsborn, der von Haus aus der Delbrückschen Richtung angehörte, ängstlich
bemüht, die neue Politik Bismarcks nicht zu durchkreuzen. Er beroch förmlich
jede Angabe, ob sich nichts darin finde, was Bismarcks Tendenz entgegen
sein könnte.
Im Frühjahr 1881 trat er aus seiner langjährigen Stellung als Direktor
im Auswärtigen Amt in die diplomatische Laufbahn über, indem ihm der
Posten des Gesandten am königlich dänischen Hofe verliehen wurde. Als
solcher fungirte er noch mehrere Jahre, bis das zunehmende Alter ihn nötigte,
eine längere Beurlaubung und demnächst seine Versetzung in den Ruhestand
vom 22. Oktober 1885 ab zu erbitten.
Die Arbeitslast, die Philipsborn 18 Jahre lang im Auswärtigen Amt
trug, kam zur Sprache, als Bismarck am 15. Dezember 1885 von dem Reichstag
die Bewilligung der Stelle eines zweiten Direktors innerhalb der zweiten Abteilung
des Auswärtigen Amts verlangte. *“) „Was der Abgeordnete Löwe über den
Gesandten Herrn v. Philipsborn anführte, — bemerkte Bismarck — daß der die
Sache so lange allein geführt hätte, ist nicht richtig. Ich habe sie mit ihm geführt,
ich habe einen großen Teil der Last getragen. Nichtsdestoweniger ist Herr
v. Philipsborn unter dem, was für seine Schultern blieb, doch auch so weit
erkrankt und geschwächt worden, daß er um seinen Abschied eingekommen ist,
weil er sich außer stande fühlte, dem an ihn von Seiner Majestät dem Kaiser
ergangenen Ruf, zeitweise wenigstens die Vertretung des erkrankten Herrn
v. Bojanowski zu übernehmen, Folge zu leisten. X) Er erklärte, er fühle sich
nicht gesund genug dazu; und daraus wird der Herr Abgeordnete Löwe wohl
entnehmen, daß auch dieser Beamte, den er als einen anführte, der alle diese
Strapazen doch siegreich überdauert hätte, nicht zu seinen Gunsten spricht
und ihm selbst das Zeugnis nicht geben würde, daß er als Beispiel dafür
spräche."“
*) Vgl. mein Werk „Fürst Bismarck und die Parlamentarier“, Bd. I. (2. Aufl.) S. 71.
**) Vgl. a. a. O. Bd. I. S. 119, 142, 165, 167, 187 und mein Werk „Fürst Bis
marck, Neue Tischgespräche und Interviews“, S. 46.
*?") Vgl. Kohls Bismarck-Reden Bd. X. S. 321, 322 und 330.
) Das Abschiedsgesuch Philipsborns stand mit seiner Weigerung, zeitweise den
Direktor v. Bojanowski zu vertreten, im Zusammenhang.