— 7 —
seinem Einflusse zuzuschreiben, daß Anhalt vor dem Schicksal bewahrt wurde,
seine Selbständigkeit zu verlieren.
Zu Ende des Jahres 1866 ging Sintenis zur Beratung des Norddeutschen
Bündnisentwurfs nach Berlin und blieb dort mit geringen Unterbrechungen bis
Mitte April 1867.
Die Vermehrung der Ministerialgeschäfte nötigte ihn im März 1867 zu
seinem großen Bedauern, das Präsidium des Oberlandesgerichts niederzulegen.
Am 10. August desselben Jahres beging Herzog Leopold sein fünfzigjähriges
Regierungsjubiläum. Bei der Einweihung des Denkmals der Wiedervereinigung
der anhaltischen Lande, die an diesem Tage stattfand, hielt Sintenis die Festrede.
Ein schweres Augenleiden, das ihn befallen hatte, in Verbindung mit dem
Umstande, daß sich bei Lösung der Frage über die Auseinandersetzung des her-
zoglichen und des Staatsvermögens fremde Einflüsse bei Hofe geltend machten,
veranlaßten ihn, am 1. April 1868 um seinen Abschied einzukommen, der ihm
unter Verleihung des Großkreuzes des herzoglich anhaltischen Hausordens Albrechts
des Bären am 3. April 1868 in Gnaden bewilligt wurde.
Er sollte das „otium cum dignitate“ nicht lange genießen. Schon am
2. August 1868 machte ein Schlagfluß seinem inhaltreichen Leben ein Ende.
Aus der Feder von Sintenis besitzen wir sehr interessante Aufzeichnungen
über die Zeit, da er als Abgesandter von Anhalt an der Berliner Konferenz
zur Beratung und Feststellung der Verfassung des Norddeutschen Bundes teil-
nahm.
Aus den Briefen, die der Vertreter von Sachsen-Coburg und Gotha, Frei-
herr v. Seebach, an seine Tochter Freiin Wanda v. Seebach richtete, ) ersehen
wir, daß der Verfassungsentwurf und die Art seiner geschäftlichen Behandlung
auf ihn gerade keinen sonderlich günstigen Eindruck machte. Der Entwurf über-
raschte „eben keineswegs angenehm; Seebach befürchtete, die Fortexistenz der
kleineren Staaten werde durch die Militärlasten in Frage gestellt; ja er war
pessimistisch genug, zu glauben, daß Preußen, über dessen „gänzliche Unnach-
giebigkeit“ er sich scharf beklagte, ein solches Resultat geradezu wolle. Den
Berliner Aufenthalt nannte er „eine Geduldprobe, wie er noch kaum eine
bestanden. Alles Drängen und Treiben hat nur zur Folge, daß man von
einem Tage zum andern vertröstet wird; aber auch der heutige scheint vorüber
zu gehen, ohne daß es zu einer Verhandlung kommt.“ Seebach war voll trüber
Gedanken über die politische Situation und konnte die Befürchtung nicht unter-
drücken, daß das Werk, an dem er mitarbeiten muß, „sich doch unter allen
Umständen für die kleinen Staaten zu einem unheilvollen gestalten werde.“
So sehr ersehnte er den Schluß der Konferenz, daß er, „um schneller zum
Ziel zu kommen, mit etwas weniger Anstand gern fürlieb nehmen wollte."“
*) Diese Briefe kommen weiter unten zum Abdruck.