Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

unter denen die Auslieferung zulässig sein sollte. Die belgische Regierung nahm 
hieraus Veranlassung, bei dem Bundespräsidenten den Antrag zu stellen, die 
bezüglichen Vertragsverhältnisse Belgiens mit den Staaten des Norddeutschen 
Bundes von neuem zu regeln. 
Auf die diesfalsige Vorlage des Bundeskanzlers (Mai oder Juni 1868) 
erklärte sich der Bundesrat am 22. Juni 1868 mit dem Abschlusse eines 
Auslieferungsvertrages zwischen dem Norddeutschen Bunde und Belgien einver- 
standen und ersuchte den Bundeskanzler, zunächst die einzelnen Bundesregierungen 
aufzufordern, sich zur Sache, namentlich über ihre etwaigen speziellen Wünsche 
und Bedürfnisse, zu äußern. Die preußische Regierung hatte hierbei ihre speziellen 
Wünsche und Bedürfnisse gleich in der Form des Entwurfes eines Auslieferungs- 
vertrages zwischen dem Norddeutschen Bunde und Belgien gebracht und anheim- 
gestellt, denselben als Material für den aufzustellenden Vertragsentwurf zu 
benutzen. Auf den hierüber erstatteten Bericht des Ausschusses für Justizwesen 
beschloß der Bundesrat am 19. Dezember 1868, sich damit einverstanden zu 
erklären, daß das Bundespräsidium im Namen des Bundes mit der königlich 
belgischen Regierung einen Auslieferungsvertrag nach Anleitung des von der 
preußischen Regierung vorgelegten Entwurfes und unter Berücksichtigung der in 
dem Ausschußberichte zu einzelnen Artikeln desselben ausgestellten materiellen 
Erinnerungen und Vorschläge verhandle, und den Bundeskanzler zu ersuchen, 
den verhandelten Vertrag demnächst dem Bundesrat zur verfassungsmäßigen 
Zustimmung vorzulegen. Die Perfektion des Vertrages verzögerte sich bis zum 
Jahre 1870. 
Ueber das Schicksal eines Antrages Bremens, die Auslieferung von 
Verbrechern zwischen den Bundesstaaten durch Gesetz zu regeln, hat 
nichts verlautet. 
Bundesgesetzgebung über Handels= und Wechselrecht. Einer 
Resolution des Reichstags entsprechend, beschloß der Bundesrat auf den 
Antrag des mit der Berichterstattung beauftragten Ausschusses für Justiz- 
wesen") am 29. Juni 1868: „den Bundeskanzler zu ersuchen, den Entwurf 
*) Der Ausschuß des Bundesrats ließ sich bei seinem Votum von folgenden Gesichts- 
punkten leiten: Die beiden bezeichneten Mängel des gegenwärtigen Rechtszustandes, daß 
das Handelsgesetzbuch in einigen Staaten noch nicht eingeführt sei, und daß dasselbe, sowie 
die Wechselordnung, in den einzelnen Staaten durch die Landesgesetzgebung wieder außer 
Kraft gesetzt werden könnten, würden durch ein Bundesgesetz, wie es der Beschluß des 
Reichstags in Antrag brachte, gehoben. Die Erlassung eines solchen Gesetzes erscheine auch 
insofern unbedenklich, als Wechselordnung und Handelsgesetzbuch sich im allgemeinen be- 
währt hatten. Gleichwohl erhoben sich gegen die sofortige Erlassung des Gesetzes folgende 
Anstände: Das Handelsgesetzbuch ließ sich ohne ausführliche Einführungsbestimmungen 
nicht in Geltung setzen; und diese, welche den besonderen Verhältnissen der einzelnen 
Staaten sowie dem partikularen Rechte anzupassen seien, könnten in ein Bundesgesetz 
nicht ausgenommen werden. Da nun das Handelsgesetzbuch in zwei Bundesstaaten noch
	        
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