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licher Bestimmungen über Entschädigungsansprüche von Privatpersonen bei nicht
von ihnen verschuldeten Unglücksfällen in Fabriken, Bergwerken, auf Eisen-
bahnen, Dampfschiffen u. s. w. hatte der Reichstag in seiner Sitzung vom
24. April 1868 beschlossen, dieselbe „zur thunlichsken Berücksichtigung“ an den
Bundeskanzler abzugeben. Die Petition war dann vom Bundesrat auf Grund
eines in der Sitzung vom 29. April 1868 gefaßten Beschlusses an den Bundes-
kanzler mit dem Ersuchen abgegeben worden, nähere Ermittlungen über die
Frage des Bedürfnisses zu veranlassen.) Es wurden hierauf die Bundes-
regierungen unterm 5. Mai und im November 1868 um Aeußerung über die
Angelegenheit ersucht. Die Mehrzahl derselben war nach den bis Ende
1868 eingegangenen Gutachten darüber einig, daß eine gemeinsame bundes-
gesetzliche Regelung des Gegenstandes im allgemeinen wünschenswert sei. Nur
Sachsen-Weimar und Mecklenburg-Schwerin bestritten das Bedürfnis einer
neuen oder einer bundesgesetzlichen Regelung der Materie, und Hamburg warnte,
man möge dem „sehr natürlichen Mitgefühl für die betreffenden Individuen“
nicht einen so großen Einfluß auf den Umfang der Entschädigungspflicht ein-
räumen, daß dadurch den industriellen Unternehmungen unverhältnismäßige
Lasten auferlegt werden. In Preußen hatte der Handelsminister den Geheimen
Ober-Bergrat Achenbach mit der Abfassung eines Gutachtens beauftragt. Im
November 1868 stellte der Bundeskanzler mit dem Bemerken, daß die Ant-
wortschreiben der Bundesregierungen bei der Schlußberatung zur Vorlegung
gelangen sollten, beim Bundesrat den Antrag, die weitere Beratung des Gegen-
standes im Ausschuß beschließen zu wollen. Wir werden in der nächsten Session
auf diese Materie zurückkommen.
Aufhebung der Spielbanken. Ein hierauf abzielender Antrag des
Reichstags war noch aus der vorhergehenden Session unerledigt. Inzwischen
war das preußische Gesetz wegen der Aufhebung der Spielbanken vom 5. März
1868 (Gesetzsammlung S. 209) ergangen, und es konnte demnach in dem von
*) Auf die dem Bundesrat überwiesene Petition ist der folgende, in Kohls Bismarck-
Regesten übersehene vorläufige Bescheid erfolgt: Berlin, 12. Mai 1868. Auf die von Euer
Hochwohlgeboren im Namen des dortigen Ausschusses der nationalliberalen Partei im März
d. J. an den Bundesrat des Norddeutschen Bundes gerichtete Petition, betreffend den
Erlaß bundesgesetzlicher Bestimmungen über Entschädigungsansprüche von Privatpersonen
bei nicht von ihnen verschuldeten Unglücksfällen hat der Bundesrat in seiner Sitzung vom
29. April d. J. beschlossen: die Petition an den Bundeskanzler mit dem Ersuchen abzu-
geben, nähere Ermittlungen zu veranlassen, ob und inwiefern ein Bedürfnis vorhanden
sei, im Wege der Bundesgesetzgebung zu dem Zmwecke einzuschreiten, um innerhalb des
gesamten Bundesgebiets denjenigen Personen und deren Hinterbliebenen, welche bei dem
Bergbau, im Eisenbahndienst, bei dem Betriebe einer Fabrik u. s. w. körperlich be-
schädigt werden oder ihr Leben verlieren, einen angemessenen Entschädigungsanspruch zu
sichern. — In Ausführung dieses Beschlusses sind die sämtlichen Bundesregierungen um
Aeußerung über die angeregte Frage ersucht worden. Das Bundeskanzler-Amt. Delbrück.