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8. Marine und Schifahrt.
Im März 1868 stellte der Kanzler den Antrag: der Bundesrat wolle
sich damit einverstanden erklären, daß das Präsidium namens des Bundes
zunächst mit Großbritannien, und je nach dem Ergebnis dieser Verhandlungen
auch mit anderen seefahrenden Staaten über die Herbeiführung eines
internationalen Systems der Schiffsvermessungen in Verhandlung
trete, und zwar auf Grundlage einer gemeinsamen Annahme der in Groß-
britannien gegenwärtig vorgeschriebenen Messungsmethode, jedoch ohne Annahme
des englischen Fuß-- und Tonnenmaaßes, welches vielmehr, wenn thunlich, durch
Metermaaß zu ersetzen wäre.
Die Kriegsschiffe, welche England infolge der Verträge zur Unterdrückung
des Sklavenhandels an der Westküste von Afrika und in anderen
Revieren kreuzen ließ, um die der Beteiligung an diesem Handel verdächtigen
Fahrzeuge anzuhalten, zu visitiren und nach Umständen aufzubringen, mußten
hierzu mit Vollmachten von den betreffenden Regierungen versehen sein. Da
gegenwärtig von der britischen Gesandtschaft die Ausstellung neuer Vollmachten
nachgesucht worden war, sah sich Bismarck im Mai 1868 veranlaßt, darauf
aufmerksam zu machen, daß, seitdem unter den deutschen Handelsschiffen der
Unterschied der Nationalität und der Flagge hinweggefallen, die Vollmachten zur
eventuellen Anhaltung deutscher Schiffe nicht wohl mehr von verschiedenen
Regierungen ausgestellt werden könnten, daß vielmehr die Ausstellung derselben
Sache des den Bund nach außen vertretenden Bundespräsidiums sein müsse.
Der Ausschuß des Bundesrats für Handel und Verkehr verkannte die
Richtigkeit dieser Auffassung nicht und empfahl dem Bundesrat die Beschluß-
fassung in diesem Sinne; nur in formeller Hinsicht hatte der Ausschuß einige
Bedenken hervorgehoben und auf dieselben in der Formulirung seines Antrages
Rücksicht genommen.)
*) Nach dem Bericht des Ausschusses für Handel und Verkehr beschloß der Bundesrat
am 29. Juni 1868: a. die Vollmachten, mit welchen nach Maßgabe der bestehenden inter-
nationalen Verträge zur Unterdrückung des Handels mit afrikanischen Negersklaven die zur
Bewachung der betreffenden Reviere von einer der Seemächte ausgerüsteten Kreuzer ver-
sehen sein müssen, um zur Anhaltung und Durchsuchung der einem andern Staate an-
gehörigen Handelsschiffe ermächtigt zu sein, sind künftig nicht mehr von den Regierungen
der einzelnen Bundesstaaten, sondern von dem Bundespräsidium auszustellen; — b. dem
Bundespräsidium wird anheimgegeben, den Beitritt des gesamten Norddeutschen Bundes
zu den gedachten Verträgen zu bewirken; — c. das Bundespräsidium wird ferner er-
sucht, hinsichtlich der den Führern der erwähnten Kreuzer zu erteilenden Instruktionen,
soweit nötig, nach Verhandlung mit der die Instruktion erteilenden Regierung und unter
Berücksichtigung der im Ausschußbericht angedeuteten Vorschläge, Bestimmung darüber zu
treffen, in welche Häfen die als des Sklavenhandels überführt oder verdächtig angehallenen
Schiffe, nach Ausschiffung der etwa vorgefundenen Negersklaven, gebracht werden sollen; —