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die Frage, ob in den Handelsvertrag die Frage einer zukünftigen Zollunion
Oesterreichs und Deutschlands aufgenommen werden sollte, nicht eins waren.
Im Bundesrat wirkte Hasselbach unter den Augen Bismarcks zu seinem
Wohlgefallen, bis in den Jahren 1876 und 1877 der Umschwung in der
Handelspolitik sich vorbereitete. Hasselbach, ein gemäßigter Freihändler, wurde
von da ab allmälich, wie dies nicht anders möglich war, in den Hintergrund
gedrängt. Der Staatsminister Hofmann hatte geglaubt, ihm die Aussicht auf
die Stelle des Vorsitzenden der Zolltarifkommission in Aussicht stellen zu
können, anstatt dessen wählte Bismarck aber den Frhrn. v. Varnbüler.)
Hasselbach führte die Verhandlungen mit, welche am 25. Mai 1881 im
Finanzministerium über den Anschluß Hamburgs an den Zollverein geführt
wurden; sie werden ihm, bei seiner freihändlerischen Grundrichtung, sicher auch
Contre coeur gewesen sein.
Im Laufe der Zeiten wurde die Erkaltung zwischen Bismarck und Hassel-
bach größer. Sie fand einen prägnanten Ausdruck darin, daß Hasselbach in
der Eigenschaft des Vorsitzenden des Bundesratsausschusses für Zoll= und Steuer-
wesen durch den Chef des Reichsschatzamts, v. Burchard, ersetzt wurde. Zu
einem starken Konflikt kam es bei der Festsetzung eines Regulativs für die Ver-
zollung der in das Reichsgebiet eingehenden Hölzer. Der bayrische Vereins-
bevollmächtigte Frhr. v. Aufseß hatte ein Regulativ ausgearbeitet, welches ganz
unausführbar war (jedes eingehende Holzstück sollte durch einen Stempel gekenn-
zeichnet werden). Gegen dieses Regulativ, welches vom Reichsschatzamt ohne
vorgängiges Benehmen mit dem preußischen Finanzminister im Bundesrat einge-
bracht worden war, gab Preußen im Ausschuß seine entscheidende Stimme ab.
Das Regulativ wurde auf diese Weise zwar beseitigt und später durch ein
rationelleres ersetzt, die Thatsache aber, daß Preußen eine vom Reichskanzler
(Schatzsekretär) ausgehende Vorlage bekämpft hatte, ließ sich doch nicht mehr
aus der Welt schaffen. Es war ein Vorgang, der entschieden hätte vermieden
werden müssen; das Rücktrittsgesuch des bereits hochbetagten Hasselbach konnte
bei dieser Sachlage keinen Eingeweihten überraschen.
2. Königreich Sachlen.
Justizrat Klemm,
1871 Appellationsgerichtspräsident, später Oberlandesgerichtspräsident, zurzeit
im Ruhestand in Dresden wohnhaft, war nur stellvertretender Bevollmächtigter
zum Bundesrat für das Königreich Sachsen und ist als solcher nicht in ein
persönliches Verhältnis zu dem Kanzler gekommen, weder im amtlichen Ver-
kehr noch bei einer geselligen Gelegenheit. Der amtliche Verkehr lag ausschließlich
*) Vgl. mein Werk „Fürst Bismarck und die Parlamentarier“ Bd. III. S. 273.