II. Abschnitt.
Die Arbeit des Bundesrats während seiner dritten Session
869).
1. Wundesgesetzgebung (Art. 2—5 der Verfassung).
Die Staatsangehörigkeit der ohne Konsens nach Rußland
ausgewanderten Norddeutschen. Einem an den Bundeskanzler erstatteten
Berichte des Bundesgesandten zu Petersburg zufolge lebte in Rußland eine
nicht unbeträchtliche Anzahl von Abkömmlingen solcher vormaligen Norddeutschen,
welche vorlängst aus Deutschland in Rußland eingewandert waren, sich dort
später verheiratet und, ohne weiter ihre Unterthanenpflichten gegen ihr früheres
Vaterland zu erfüllen oder zur Erhaltung ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit
die gesetzlichen Schritte zu thun, auf Grund von jährlich erneuerten Aufenthalts-
scheinen in Rußland gelebt hatten. Diese Personen, welche nach der Gesetz-
gebung fast aller Bundesstaaten ihre frühere Staatsangehörigkeit unzweifelhaft
verloren hatten, gleichwohl aber von den russischen Behörden fortdauernd als
Ausländer behandelt wurden, befanden sich insofern in einer nachteiligen Lage,
als sie weder eine bestimmte Staatsangehörigkeit besaßen noch eine solche zu
erwerben im stande waren, indem sie einerseits, wenn sie sich behufs ihrer
Eintragung in die Konsulatsmatrikeln bei den Bundeskonsuln meldeten, von
den letzteren zurückgewiesen werden mußten, und indem sie andererseits nicht in
Rußland naturalisirt werden konnten, da die Aufnahme in den russischen Unter-
thanenverband grundsätzlich nur auf Grund einer (von den bezeichneten Per-
sonen nicht zu beschaffenden) Entlassungsurkunde aus dem bisherigen Unterthanen-
verhältnis erfolgte. Der Bundesgesandte hatte nun im Interesse dieser in Ruß-
land als sogenannte „Wilde“ bezeichneten Personen ein Auskunftsmittel in
Vorschlag gebracht, dessen sich, wie er anzeigte, die königlich sächsische Gesandt-
schaft in ähnlichen Fällen früher mit Erfolg bedient hatte und welches darin
bestand, daß, wenn sich dergleichen „Wilde“ zur Eintragung in die Konsulats-
matrikeln meldeten, der Konsul dieselben über ihre Verhältnisse zu Protokoll
vernahm und dieses Protokoll der Bundesgesandtschaft einreichte, welche ihrerseits,
wenn sie nach Prüfung der Verhältnisse sich davon überzeugte, daß das betreffende