Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

— 211 — 
nichts zu erinnern.“) Am Schlusse stimmten Sachsen, Hessen und Bremen auch 
gegen die im konservativen Geiste amendirte Vorlage, während Mecklenburg mit 
Preußen, Anhalt und Meiningen sie wenigstens in dieser verstümmelten Gestalt 
durchbringen half. Die Bevollmächtigten der drei letzteren Staaten fügten sich 
den Amendements, um nur überhaupt zu einem Ergebnis zu gelangen. 
In der Sitzung des Bundesrats vom 23. April 1869 erklärten zunächst die 
Bevollmächtigten für Hessen, Mecklenburg und Hamburg: Nach § 7 des Frei- 
zügigkeitsgesetzes finde im Falle der Ausweisung hilfsbedürftiger Personen aus 
einem Bundesstaate in den andern das im Gothaer Vertrage vom 15. Juli 1851 
und dessen Ergänzungen vorgeschriebene Verfahren auch gegenwärtig noch An- 
wendung. Nach Ansicht der von ihnen vertretenen Regierungen empfehle es 
sich, dies Verfahren in einer dem Bundesverhältnisse mehr entsprechenden Weise 
zu regeln. Dagegen walte zu sonstigen Aenderungen der Armengesetzgebung der 
Einzelstaaten durch ein Bundesgesetz ihres Erachtens ein Bedürfnis nicht ob. 
Ihr Antrag gehe deshalb dahin, den Inhalt des vorliegenden Entwurfes auf 
formelle, den Gothaer Vertrag ersetzende Vorschriften zu beschränken. 
Odbgleich dieser Antrag mit 22 gegen 21 Stimmen abgelehnt wurde, einigte 
sich der Bundesrat doch dahin, von einer Detailberatung sowohl der Präsidial- 
vorlage als auch des vom Ausschusse aufgestellten Gesetzentwurfs abzusehen und 
sich für jetzt auf die Entscheidung einzelner prinzipiell besonders wichtigen Fragen 
zu beschränken, deren Beantwortung eventuell die Umarbeitung des Entwurfs 
nötig machen würde. Diese Fragen wurden dann gestellt, doch bei ihrer Ent- 
scheidung meist auch nur eine Majorität von 22 gegen 21 Stimmen erzielt. 
Nachdem die Bevollmächtigten für Hessen und Mecklenburg erklärt hatten, 
daß nach Ansicht ihrer Regierungen der vorliegende Gesetzentwurf teilweise eine 
Abänderung der im Art. 3 der Verfassung festgestellten Bestimmungen enthalte 
und derselbe daher nach Art. 78 nicht durch einfache Majorität zum Beschluß 
erhoben werden könne, und nachdem der Bevollmächtigte für Mecklenburg 
beantragt hatte, durch Abstimmung festzustellen, ob hier eine nach Art. 78 der 
Verfassung zu entscheidende Frage vorliege, einigte sich der Bundesrat dahin, daß 
die vorhergehenden Verhandlungen, in denen nur gewisse Grundsätze für die 
künftige Vorlage aufgestellt seien, bindende Beschlüsse über diese Vorlage selbst 
noch nicht enthalten sollten. Infolge dessen war der mecklenburgische Bevoll- 
mächtigte bereit, auf die vorläufige Aussetzung der von ihm beantragten Ab- 
stimmung einzugehen. 
In der folgenden Sitzung des Bundesrats (vom 26. April) erklärte als- 
dann Präsident Delbrück, die oben erwähnten Abstimmungen hätten ergeben, 
daß der größere Teil der Bundesregierungen zur Zeit Bedenken trage, auf eine 
*) Zu vgl. über die Ausschußverhandlungen die „National-Zeitung“ Nr. 139 vom 
20. März 1869, Nr. 140 vom 24. März 1869, Nr. 145 vom 28. März 1869, Nr. 149 
vom 1. April 1869.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.