Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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an das Großherzogtum Baden die Frage gerichtet worden, ob es zum Abschluß 
eines solchen Vertrages geneigt sei. Der Bundeskanzler hatte hierbei die An- 
sicht aufgestellt, daß die Bestimmungen des oben erwähnten Gesetzes, so weit sie 
die Gewährung der Rechtshilfe in Zivilsachen zum Gegenstande haben, fast 
unverändert in einen Jurisdiktionsvertrag würden aufgenommen werden können, 
vorausgesetzt, daß durch eine dem § 39 Absatz 1 des Gesetzes entsprechende 
Verabredung den Bundesangehörigen die gleiche Behandlung mit den jenseitigen 
Angehörigen in Prozessen und Konkursen gesichert werde, daß dagegen der über 
die Rechtshilfe in Strafsachen handelnde Teil des Gesetzes nur mit gewissen 
Modifikationen, namentlich mit Ausschließung der Auslieferung eigener Unter- 
thanen und mit Beschränkung der Verpflichtung zur Strafvollstreckung, einem Ver- 
trage werde zur Grundlage dienen können. Baden erklärte sich zum Abschluß 
eines Jurisdiktionsvertrages auf diesen Grundlagen bereit; davon machte Bis- 
marck dem Bundesrat im November 1869 eine Mitteilung. 
Gemäß dem Antrage des mit der Berichterstattung über diese Angelegen- 
heit beauftragten Ausschusse für Justizwesen beschloß der Bundesrat in der 
Sitzung vom 6. Dezember 1869: sich damit einverstanden zu erklären, daß 
zwischen dem Norddeutschen Bunde und Baden ein Jurisdiktionsvertrag in 
möglichster Uebereinstimmung mit den Bestimmungen des Gesetzes, betreffend die 
Gewährung der Rechtshilfe, abgeschlossen werde. Der Vertrag selbst beschäftigte 
den Bundesrat in der nächsten Session.) 
Nachdem auch Bayern und das Großherzogtum Hessen rücksichtlich des 
südlich vom Main gelegenen hessischen Gebietes sich mit der Abschließung von 
Jurisdiktionsverträgen im allgemeinen einverstanden erklärt hatten, erteilte der 
Bundesrat in seiner Sitzung vom 13. und 19. Dezember 1869 die Zustimmung 
zur Einleitung der bezüglichen Vertragsverhandlungen. Württemberg hatte am 
Schlusse der Session eine definitive Entschließung noch nicht zu erkennen ge- 
geben.) 
Einführung der allgemeinen deutschen Wechselordnung, 
der Nürnberger Wechselnovelle und des allgemeinen deutschen 
Handelsgesetzbuchs als Bundesgesetze. Der Bundesratsausschuß für 
das Justizwesen empfahl diesen im preußischen Justizministerium ausgearbeiteten, 
von Bismarck dem Bundesrat im Februar 1869 vorgelegten Gesetzentwurf, 
nur fügte er einen von Bremen ausgehenden Zusatz bei, wonach das Gesetz 
keine rückwirkende Kraft haben sollte in Bezug auf die in Bremen den Privat- 
gläubigern einer Handelsgesellschaft zustehenden Pfand= und Vorzugsrechte. 
*) Vgl. hierüber und die ganze Frage die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 290 
vom 11. Dezember 1869. · 
**) Erwähnung des Abschlusses eines Vertrages mit Württemberg s. „Norddeutsche 
Allgemeine Zeitung“ Nr. 19 vom 23. Januar 1870.
	        
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