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„Ew. Excellenz ersuche ich ganz ergebenst, den Herren Mitgliedern der
Kommission von Vorstehendem gefälligst Kenntnis geben zu wollen.
Der Kanzler des Norddeutschen Bundes.
v. Bismarck.
An den Vorsitzenden der Kommission zur Beratung des Entwurfs eines
Strafgesetzbuchs, königl. preußischen Justizminister Herrn Dr. Leon-
hardt Excellenz.“
Der Vorsitzende teilte der Kommission mit, daß von dem Bundeskanzler
der Generalstaatsanwalt Dr. Schwarze für Verhinderungsfälle mit der Ver-
tretung des Vorsitzenden beauftragt worden, und daß zu Schriftführern die
Herren Gerichtsassessor Dr. Rubo und Kreisrichter Rüdorff ernannt seien. Zum
Referenten schlug der Vorsitzende den Geheimen Ober-Justizrat Dr. Friedberg
vor, womit sich die Kommission einmütig einverstanden erklärte.
Bereits nach Verlauf von drei Monaten, am 30. Dezember 1869, hatte
die Kommission ihre Beratungen geschlossen. Der aus dritter Lesung hervor-
gegangene revidirte Entwurf') wurde dem Bundeskanzler überreicht, welcher, da
er zur Zeit von Berlin abwesend war und somit die Kommission nicht persön-
lich schließen konnte, das nachstehende Schreiben an den Vorsitzenden richtete:
Bonn, 29. Dezember 1869.
„Eure Excellenz haben die Güte gehabt, mir mitzuteilen, daß die Kommission
zur Beratung des Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund in den nächsten
Tagen die Aufgabe vollendet haben wird, deren Lösung ihr vom Bundesrat
anvertraut war. Die verbündeten Regierungen verdanken dieses für das Ge-
lingen des Gesetzbuches verheißungsvolle Ergebnis der unermüdlichen Hingebung,
welche sämtliche Herren Mitglieder der Kommission, in voller Erkenntnis der
vielseitigen Bedeutung des ihnen anvertrauten Werkes der Vollendung desselben
gewidmet haben. Es bedurfte der angestrengtesten Thätigkeit, um in einem
Zeitraum von drei Monaten eine Arbeit zum Abschluß zu bringen, deren Um-
fang schon bei ihrem Beginn groß war und in ihrem Verlauf durch das in
erfreulicher Weise von allen Seiten herbeiströmende Material eine ungeahnte
Ausdehnung gewann. Ich bin gewiß, im Sinne des Bundesrats zu handeln,
indem ich den Herren Mitgliedern der Kommission den lebhaften Dank der
verbündeten Regierungen für ihre aufopfernde Thätigkeit ausspreche, und ich
darf insbesondere Eurer Exzellenz dafür Dank sagen, daß Sie, ungeachtet der
Anforderungen, welche Ihre amtliche Stellung an Sie richtet, den Kommissions-
arbeiten Ihre ununterbrochene Teilnahme zu erhalten gewußt haben. Da es
mir nicht vergönnt ist, von den Herren Mitgliedern der Kommission persönlich
*) Mitteilungen über den Inhalt des revidirten Entwurfs befinden sich in der
„National-Zeitung“ Nr. 11 vom 8. Januar 1870 und Nr. 27 vom 18. Januar 1870.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. I. 15