Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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trage der Ausschüsse für das Landheer und die Festungen sowie für Justizwesen 
gemäß: 1. daß die Kosten einer auf Grund des § 184, Teil II. des Militär- 
strafgesetzbuchs vom 3. April 1845 erfolgenden Strafvollstreckung von dem- 
jenigen Staat zu tragen sind, welchem die Strafvollstreckung obliegt; 2. den 
Herrn Bundeskanzler zu ersuchen, dem königlich preußischen Herrn Justizminister 
unter Mitteilung der erwähnten Vorlage des Bundeskanzlers und dieses Be- 
schlusses zur Erwägung anheim zu geben, ob in der für den Norddeutschen 
Bund zu erlassenden Strafprozeßordnung Bestimmung darüber zu treffen sei, 
welchem Staat, bezw. welcher Zivilbehörde, die Vollstreckung einer vom Militär- 
gerichte erkannten Zuchthausstrafe obliegt. 
Rinderpest. Bei der Beratung des Gesetzes in Betreff der Maßregeln 
gegen die Rinderpest war der Bundeskanzler vom Reichstag ersucht worden, 
mit den süddeutschen Staaten über ein gemeinsames Vorgehen Verhand- 
lungen einzuleiten. Da sich die süddeutschen Regierungen dazu bereit erklärt 
hatten, so stellte Bismarck im November 1869 den Antrag, daß der Bundes- 
rat sich mit dem Abschluß einer solchen Vereinbarung mit den süddeutschen 
Staaten einverstanden erkläre und zwar im Anschluß an die von den süd- 
deutschen Staaten abgeschlossene Mannheimer Konvention von 1867. 
2. Bundesrat. 
Von seiten des Bevollmächtigten Mecklenburg-Schwerins war an 
den Bundesrat ein Antrag gerichtet worden, welcher zur Erwägung stellte, ob 
es nicht thunlich erscheinen möchte, in allen wichtigen Fragen eine Frist von 
wenigstens 10 bis 14 Tagen zwischen dem Erscheinen eines Ausschußberichts 
und der Abstimmung im Bundesrat über die betreffenden Fragen zu wahren. 
Zur Motivirung des Antrages wurde darauf hingewiesen, daß bei aller Be- 
schleunigung, die auch in der Geschäftsordnung des Bundesrats angeordnet 
war, es nicht immer möglich sei, rechtzeitig Instruktion zu erhalten, während 
es doch besonders wünschenswert erscheine, daß die Regierungen ihre Bevoll- 
mächtigten auch über die in den Ausschußberichten entwickelten Gründe oder 
vorgeschlagenen Abänderungen sachgemäß instruiren könnten. 
Es war in der letzten Zeit auffallend, den Bundesrat allen Steuervor- 
lagen des Präsidiums mit wahrer Ueberstürzung zustimmen zu sehen, während 
er bei Gesetzentwürfen, welche irgendwie partikularistische Interessen berührten, 
sich sehr bedächtig verhielt und zum Beispiel die Vorlage wegen des Unter- 
stützungswohnsitzes zu Falle brachte. Mit der verlängerten Frist für die Ein- 
holung von Instruktionen bei den Höfen sollte wohl besonders dieser partikula- 
ristische Widerstand gestärkt und eine Annäherung an die Praxis des seligen 
Bundestags angebahnt werden. 
Von einer Beschlußfassung des Bundesrats über diesen Antrag hat nichts 
verlautet.
	        
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