Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Betreff von Errichtung neuer Postanstalten sowie der Verbesserung der Post- 
einrichtungen etwas freier zu bewegen. Die Kompetenz der Bundesgesetzgebung 
sei nach Artikel 4 Nr. 10 außer Zweifel und werde durch die vom hessischen 
Bevollmächtigen angeführten Verträge nicht tangirt. 
Was die Behandlung der Mehreinnahmen anbetrifft, so gelangte die 
Majorität des Ausschusses zu der Ansicht, daß die infolge des vorliegenden 
Gesetzes zu erwartende reine Mehreinnahme der Postverwaltung alsbald und 
nicht erst vom 1. Januar 1876 ab ungeteilt an die Bundeshauptkasse abzu— 
führen sei. 
Der Gesetzentwurf fand im Bundesrat vielfachen Widerspruch; gegen die 
Annahme desselben stimmte eine Minderheit von nicht weniger als 11 Stimmen. 
Der Vertreter von Mecklenburg-Strelitz soll namentlich sein negatives Votum 
in sehr eingehender und bestimmter Weise motivirt und die Auffassung ent- 
wickelt haben, daß die Einzelstaaten nach Artikel 49 der Bundesverfassung nur 
die aus dem status quo sich ergebenden Einnahmen des Post= und Telegraphen- 
betriebes dem Bunde zu überlassen verpflichtet seien. 
Auch in der Fassung, die der Reichstag dem Gesetze gab, stieß dasselbe 
im Bundesrat auf eine starke Opposition. Es erklärten sich 13 Stimmen 
gegen die amendirte Fassung des § 6, durch welche die Verpflichtung zur Ent- 
schädigung ausgeschlossen wurde, wenn das Recht der Portofreiheit auf fürst- 
licher Verleihung beruhte. Der weimarische Bevollmächtigte motivirte das 
dissentirende Votum durch eine Erläuterung, welche hauptsächlich darauf hinaus- 
ging, man dürfe vom Standpunkte des Gesetzgebers aus den Grundsatz nicht 
aufgeben, daß Singularrechte, deren Geldwert sich ermitteln lasse, gleichviel auf 
welchem Wege sie entstanden, nicht ohne Entschädigung zu beseitigen sind. 
Die Vorlage wurde gleichwohl schließlich angenommen. Gesetz vom 5. Juni 
1869 (B.-G. Bl. S. 141).5) 
Nachdem durch das Bundesgesetz vom 5. Juni 1869 über die Portofrei- 
heiten im Gebiete des Norddeutschen Bundes, einschließlich der zum Bunde 
gehörigen Teile des Großherzogtums Hessen, Bestimmungen getroffen waren, 
  
  
*) Die vereinigten Ausschüsse für Eisenbahnen, Post und Telegraphen und für 
Rechnungswesen, welche vom Bundesrat beaustragt waren, über die Behandlung der aus 
der Beschränkung der bisherigen Portofreiheiten zu erwartenden Mehreinnahmen auf Grund 
eines von Hessen, Sachsen-Weimar und Oldenburg gestellten Antrages bestimmte Vor- 
schläge zu machen, berichteten darüber, wie es mit solchen Maßnahmen zu halten und nach 
welchem Maßstabe die Verteilung derselben unter die einzelnen Staaten vorzunehmen wäre. 
Die Vorschläge der Ausschüsse gingen im wesentlichen dahin, nach Ermittelung des Be- 
trages an Porto und Gebühren, welche im Jahre 1869 eingenommen sein würden, 
wenn die Portofreiheiten nicht mehr beständen, denjenigen Betrag an Porto und Gebühren, 
der nach dieser Ermittelung in jedem einzelnen Staate auf die jetzt portofreien Sendungen 
fiele, als Verhältnis für die auf jeden einzelnen Staat fallenden Prozentanteile an der 
Mehreinnahme zu betrachten.
	        
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