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von Ehen beständen. In neuerer Zeit hatte nun die preußische Regierung an
den Bundeskanzler den Antrag gerichtet, in Bezug auf preußische Staats-
angehörige die Bundeskonsuln im Sinne des Gesetzes von 1854 mit Vollmacht
zu versehen. Dem entsprechend war zunächst den Generalkonsuln für Chile,
Venezuela und Japan sowie den Konsuln in St. Michael de Salvador, St.
José, Guatemala und Manila die Befugnis erteilt: in ihren Bezirken Ehen
von preußischen Staatsangehörigen zum vollgiltigen Abschluß zu bringen. Von
anderen Bundesstaaten waren derartige Anträge noch nicht eingegangen. Darauf
ersuchte nun der Bundesrat die Bundesregierungen um Aeußerung darüber, ob
Bedenken entgegenstehen, die erwähnte Befugnis durch ein Bundesgesetz einheit-
lich zu regeln und zwar nach Anleitung des preußischen Gesetzes vom 3. April
1854. In überwiegender Zahl hatten die Bundesregierungen sich mit der
Regelung der Angelegenheit im Wege der Bundesgesetzgebung und mit den
Grundsätzen des gedachten preußischen Gesetzes einverstanden erklärt. Prin-
zipielle Bedenken waren nur von den Regierungen Mecklenburg-Strelitz und
Reuß älterer Linie geäußert worden. Nach einer Prüfung des speziellen Inhalts
des preußischen Gesetzes war nun aus den Beratungen der vereinigten Aus-
schüsse für Handel und Verkehr und für Justizwesen der eingangs erwähnte
Gesetzentwurf, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personen-
standes evangelischer Bundesangehörigen in außereuropäischen Ländern, hervor-
gegangen, dem der Bundesrat seine Zustimmung nicht versagte. Gesetz, betreffend
die Eheschließung und Beurkundung des Personenstandes durch die Bundes-
konsuln, vom 4. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 599).
Außerdem wurde der Bundesrat von dem Bundeskanzler noch befaßt mit
dem Konsularvertrage zwischen dem Norddeutschen Bunde und
Italien vom 21. Dezember 1868 (Schreiben vom Februar 1869, Bundes-
Gesetzbl. 1869 S. 113), mit einer Konsularkonvention mit Spanien
(Ersuchen um Ermächtigung zum Eintreten in Unterhandlungen darüber, Einver-
ständnis des Bundesrats),) mit der Flüssigmachung der Mittel für die
Errichtung eines Generalkonsulates in Mexiko schon für das Jahr
1869 (Schreiben des Kanzlers vom 22. Februar 1869 7), Einverständnis des
Bundesrats) und jener für die Errichtung eines Generalkonsulates für
Peru mit dem Sitze in Lima im Jahre 1870 (Schreiben vom Oktober 1869),
endlich mit dem Antrag auf Ankauf eines Grundstücks für das Kon-
sulat in Belgrad (Schreiben vom Mai 1869).
In Betreff der Bundeskonsulate wurde sonst noch mitgeteilt, daß
seit dem von dem Ausschusse für Handel und Verkehr in der Sitzung des
Bundesrats des Norddeutschen Bundes vom 19. Dezember 1868 vorgelegten
*) Näheres hierüber s. in der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“ Nr. 249 vom
24. Oktober 1869.
*“) In Kohls Bismarck-Regesten nicht erwähnt.
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. I. 17