Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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des ganzen Hinterlandes nützten, unterhalten zu können. Entziehe man ihnen 
derartige Einnahmequellen, so könnten sie die wichtigsten Zwecke ihrer staatlichen 
Aufgabe nicht mehr erfüllen und sähen ihre Budgets auf eine nicht gerechte und 
nicht billige Weise derangirt. Der vorliegende Entwurf sei in dieser Beziehung 
ganz wie der Entwurf des Wechselstempelgesetzes zu beurteilen. Man habe mit 
beiden eine Richtung eingeschlagen, die zu einer schweren Benachteiligung einzelner 
Staaten führe, eine Richtung, die man wieder verlassen müsse, weil sie Un- 
gerechtigkeiten veranlasse und für einzelne Staaten das Bundesverhältnis drückend 
mache. 
Gegen obige Deduktion wurde angeführt, daß nur die Besteuerung der 
Schlußnoten das Geschäft größerer Plätze treffe, obgleich auch hier zu beachten 
sei, daß die einzelnen Geschäfte im Zusammenhange mit der volkswirtschaftlichen 
Thätigkeit des Hinterlandes aufgefaßt werden könnten. Die übrigen durch das 
Gesetz getroffenen Geschäfte kämen in anderen Staaten und Gebieten ebensowohl 
vor, und in verhältnismäßig nicht geringerem Umfange als an jenen großen 
Handelsplätzen. Außerdem würden durch die Besteuerung nicht die Staaten, 
sondern die einzelnen Handeltreibenden getroffen, diese aber ganz gleichmäßig. 
Die Folge für die Budgets der Staaten sei von keinem Belange, und es sei 
Wert darauf zu legen, daß die sehr ungleich wirkende Last der Matrikular- 
umlagen durch Eröffnung neuer Einnahmequellen für den Bund gemildert werde. 
Die Geschäfte, welche man heranziehen wolle, vermittelten so große Vermögens- 
umsätze und gewährten so erhebliche Gewinne, daß die beabsichtigte geringe 
Belastung derselben gerechtfertigt sei. Gerade bei diesen mit Handel und Ver- 
kehr wesentlich zusammenhängenden Geschäften könne die Besteuerung nur vom 
Bunde und nicht von den Einzelstaaten geschehen, indem die Gesetzgebungen der 
Einzelstaaten immer verschieden und Doppelbesteuerungen nicht ausgeschlossen 
sein würden. 
Bei der schließlichen Abstimmung über das ganze Gesetz ergaben sich in 
den Ausschüssen 4 Stimmen für und 2 Stimmen gegen das Gesetz.) 
Im Plenum des Bundesrats wurde von seiten Hamburgs und Hessens 
gegen die Steuer lebhaft protestirt und dadurch wenigstens eine Umgestaltung 
des vierten Abschnitts über die Besteuerung inländischer Aktien herbeigeführt. 
*) Bei der Spezialdebatte wurden die einzelnen Paragraphen mit wenigen, meist nur 
deklaratorischen Abänderungen des Textes angenommen. Nur die Vorschriften über die 
Besteuerung umlaufsfähiger Wertpapiere des Inlandes stießen auf größeren Wider- 
stand. Ueber die Ratsamkeit dieser Steuer war in den Ausschüssen Stimmengleich- 
beit vorhanden. Von der Opposition wurde auf das Neue, Ungewohnte und Unbequeme 
dieser Steuer Gewicht gelegt, auch der Umstand hervorgehoben, daß dieselbe sich mehr als 
Vermögenssteuer gestalte, als daß sie bloß den Umlauf der Papiere treffe, von der andern 
Seite darauf, daß die Steuer an sich gering sei, daß sie im ganzen nur die Wohlhabenden 
treffe, daß sie in anderen Ländern bereits bestehe, endlich aber, daß sie, ungeachtet ihrer 
Geringfügigkeit, einen beachtenswerten Ertrag gewähren kann.
	        
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