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jedenfalls nur für eine wunderliche Erfindung eines zeremonienmeisterlichen
Korrespondenten halten. In dem bisherigen Usus der Stellvertretung im Vor-
sitz des Bundesrats wird, so oft der königl. sächsische Minister anwesend ist,
schwerlich eine Abweichung von dem bis jetzt gebräuchlichen Verfahren stattfinden."“
Die Mitglieder des Bundesrats unterlagen in diesem Jahr einem leb-
hafteren Wechsel.')) Es wurden ernannt für Preußen an Stelle des aus-
geschiedenen Generalpostdirektors v. Philipsborn und des Geheimen Ober-Finanz-
rats Wollny: der Justizminister Dr. Leonhardt, der Wirkliche Geheime Ober-
Regierungsrat und Ministerialdirektor Moser, der Ministerialdirektor, Ober-Bau=
direktor Weishaupt, der Geheime Ober-Regierungsrat v. Nathusius und der
Generalpostdirektor Stephan;
für Sachsen an Stelle des Ministerialdirektors Dr. Weinlig der Ge-
heime Regierungsrat Schmalz und an Stelle des Generalmajors v. Branden-
stein der Major Freiherr v. Holleben;
für Mecklenburg-Schwerin der Legationsrat v. Oertzen;
für Sachsen-Weimar an Stelle des verstorbenen Staatsministers
Dr. v. Watzdorf der Geheime Staatsrat Dr. Stichling;
für Oldenburg an Stelle des Staatsrats v. Buchholz der Staats-
minister v. Roessing;
für Anhalt an Stelle des Regierungsrats Dr. Sintenis der Staats-
minister v. Larisch;
für Reuß älterer Linie an Stelle des Regierungspräsidenten Dr. Herr-
mann Regierungsrat Kunze und an dessen Stelle später der Regierungs-
präsident Meusel.
Der Geheime Ober-Regierungsrat Eck führte auch in dieser Session das
Protokoll.“)
*) Vgl. zum Folgenden die Bekanntmachungen Bismarcks vom 6., 12. und 29. Januar
1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 26 und 32 f.), vom 2. März 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 46),
die Bekanntmachungen Delbrücks vom 29. April 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 117), vom
16. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 192), die Bekanntmachungen Bismarcks vom 18. Juli 1870
(Bundes-Gesetzbl. S. 488) und Ecks vom 14. November 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 618).
**) Ueber die Ernennung der Mitglieder der Ausschüsse des Bundesrats vgl. die
„Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 34 vom 10. Februar 1870. Als Kuriosität regi-
strire ich das 1870 erfolgte Erscheinen einer Schrift im Selbstverlage des Verfassers,
Dr. Hermann Bischof, Doktor der Rechte und Professor in Graz, betitelt: „Denkschrift, betr.
das fürstliche und gräfliche Gesamthaus Schönburg und dessen Anrecht auf Einräumung
von Sitz und Stimme im Bundesrat des Norddeutschen Bundes.“ Im ganzen nahm
das Schönburgsche Haus in Sachsen eine ähnliche Stellung ein wie das gräflich Stol-
bergsche in Preußen, insbesondere hatte es auch wie dieses eine Reihe von Rezessen abge-
schlossen, durch welche es die Oberhoheit der Krone Sachsen (wie das Stolbergsche Haus
die der Krone Preußen) ausdrücklich anerkannt hatte. Die Anerkennung wirklich landes-
hoheitlicher Rechte hatte es während der ganzen Zeit des Bestehens des Deutschen Bundes
aber nicht erreichen können.