Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Bismarck die Ernennung seines Nachfolgers, des Geheimen Ober-Postrats Hein- 
rich Stephan, diesem selbst ganz unerwartet. 
Der Bericht des Grafen Bismarck an den König, worin die Ernennung 
Stephans zum Generalpostdirektor des Norddeutschen Bundes beantragt wurde, 
schloß mit den Worten: „Mit einer nicht gewöhnlichen Bildung, die er (Stephan) 
sich während seiner Laufbahn im Postdienste selbst angeeignet hat, und mit 
einer vollständigen Kenntnis der einzelnen Zweige der Postverwaltung verbindet 
er die geistige Frische, die für den Leiter einer mitten in der Entwicklung des 
Verkehrslebens stehenden Verwaltung unentbehrlich ist, und die persönliche Ge— 
wandtheit, deren der Generalpostdirektor des Bundes für die Beziehungen zu 
den Behörden der einzelnen Bundesstaaten bedarf.“ 
Den Plan eines Weltpostvereins hatte Stephan schon im Jahre 1868 in 
einer Denkschrift Bismarck unterbreitet. Bismarck hatte ihn auch genehmigt, 
wegen des deutsch-französischen Krieges mußte derselbe aber zurückgestellt werden; 
erst am 1. Juli 1875 trat der allgemeine Postverein ins Leben. In der Sitzung 
des Reichstags, in der diesem der Berner Vertrag zur Genehmigung vorgelegt 
wurde, schloß sich Bismarck dem anhaltenden Beifall von allen Seiten des 
Hauses mit dem Ausdruck freudiger Teilnahme an. 
Am 9. November 1877 verfaßte Stephan eigenhändig einen Bericht an 
den Fürsten Bismarck, betreffend die Verwendung des Telephons für den Nach- 
richtenverkehr. Darauf ordnete am 10. November 1877 der Reichskanzler tele- 
graphisch die Vorführung des Fernsprechers in Varzin an, die am 12. erfolgte. 
Am 21. März 1878 trug Bismarck Stephan das preußische Finanz- 
ministerium, dem das Reichsschatzamt untergeordnet werden sollte, an. Stephan 
hatte an diesem Tage zwei Unterredungen mit dem Reichskanzler, konnte sich 
aber zur Uebernahme der Stellung nicht entschließen. Wir glauben nicht fehl- 
zugehen, wenn wir den Grund hierfür darin suchen, daß der Fürst sich auch 
in den Finanzfragen für die Zukunft zu sehr freie Hand wahren wollte, als 
daß es Stephan hätte erwünscht sein können, in die wenn auch dem Range 
nach höhere, aber gegenüber der seinigen enger begrenzte und weniger selbständige 
Stellung einzutreten. Bismarck wählte darauf Hobrecht. 
Auf das wirksamste unterstützte Stephan Bismarck in seinem Versuche, 
die Mißstände des Eisenbahngütertarifwesens zu beseitigen. Das an den 
Bundesrat gerichtete Schreiben vom 7. Februar 1879, betreffend die gesetzliche 
Feststellung von Einheitssätzen für den Gütertarif auf den deutschen Eisen- 
bahnen,) hat Stephan entworfen.) 
*) Abgedruckt in meinem Werke „Fürst Bismarck als Volkswirt“, Bd. I. S. 185. 
**) Vgl. „Fürst Bismarck und die Parlamentarier“, Bd. I. (2. Aufl.) S. 151 u. 169. 
Im Jahre 1880 legte Stephan dem Reichskanzler unmittelbar eine Denkschrist über die 
Versorgung der Hinterbliebenen der Reichsbeamten vor. Hieraus entwickelte sich das diese 
Materie regelnde Gesetz vom 20. April 1881.
	        
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