Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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sehr wünschenswert. Der fragliche Entwurf könne zwar insoweit, als er 
diesen der Verwaltung angehörigen Gegenstand der Bundesgesetzgebung über- 
weise, nicht als erwünscht bezeichnet werden, doch wolle man sächsischerseits 
dem Entwurfe in der Voraussetzung, daß das dadurch herzustellende Interimisti- 
kum baldigst durch die gedachte definitive Regulirung der Sache sich erledigen 
werde, nicht entgegen treten. Der hessische Bevollmächtigte beantragte, einen 
Gesetzentwurf, betreffend die Feststellung der Grundsätze über die Emission 
von fundirtem und unfundirtem Papiergelde, behufs Vorlage an den nächsten 
Reichstag auszuarbeiten, und wenn diese Vorlage nicht möglich sein sollte, den 
jetzt in Rede stehenden Gesetzentwurf, jedoch unter Hinzufügung eines bestimmten 
Endtermins (etwa des 1. Juli 1872), dem nächsten Reichstag seitens 
der verbündeten Regierungen vorzulegen. Der stellvertretende Vorsitzende bemerkte 
alsdann, die preußische Regierung gehe von der Voraussetzung aus, daß sie 
durch das projektirte Gesetz nicht behindert werde, die wegen des Notstandes 
in Ostpreußen emittirten Darlehnskassenscheine über den 31. Dezember 1870 
hinaus in Umlauf zu lassen. Diese Ansicht fand auf keiner Seite Widerspruch. 
Nachdem alsdann noch Anhalt für und Lippe gegen den Gesetzentwurf sich er- 
klärt hatten, wurde zunächst der Antrag Hessens abgelehnt und darauf mit 
allen gegen die Stimmen von Hessen, Mecklenburg-Strelitz, Sachsen-Meiningen, 
Sachsen-Coburg, Schwarzburg-Sondershausen, Reuß älterer Linie und Lippe 
beschlossen, dem Gesetzentwurfe die Zustimmung zu erteilen. Gesetz vom 16. Juni 
1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 50). 
Ausgaben von Banknoten. Durch Vorlage eines hierauf bezüg- 
lichen Gesetzentwurfs") beeilte sich Bismarck die reußische Regierung von der 
zwei Millionen Thalern kreirten, mit zwei Prozent verzinslichen Rentereianweisungen, 
welche beim Publikum wegen ihres nicht gleich bleibenden Wertes nicht beliebt seien, 
wieder einzuziehen und dagegen eine Million einfaches Papiergeld auszugeben. Diese be- 
reits landesherrlich genehmigte Entschließung wieder aufzugeben, weil der Reichstag den 
Gesetzentwurf wegen Ausgabe von Papiergeld beschlossen, habe der mecklenburg= schwerin- 
schen Regierung um so weniger geboten erschienen, als Mecklenburg bis dahin überall 
keinen Anteil an den Vorteilen genommen habe, welche die anderen Bundesstaaten fast 
ohne Ausnahme dadurch genießen, daß sie unverzinsliches Papiergeld in Umlauf gesetzt haben 
und als ferner die Summe, um deren Ausgabe in Papiergeld es sich hier handle, jeden- 
falls in keinem Mißverhältnisse zu denjenigen Beträgen stehe, welche von der Mehrzahl 
der übrigen Staaten in Umlauf gesetzt seien. Die mecklenburgische Regierung habe also 
keinen Anstand nehmen können, mit der beschlossenen Maßregel voranzugehen. Bemerkt 
sei noch, daß die Rentereikassenscheine in Apoints von 10, 25 und 50 Thalern ausgegeben 
wurden, daß den mecklenburgischen Behörden die Pflicht auferlegt war, diese Scheine bei den 
landesherrlichen Kassen für voll und als bares Geld anzunehmen, und daß auch für deren 
Ummwechslung in bares Geld bei der Renterei Vorsorge getroffen war. 
*) Derselbe untersagte bekanntlich auch den bereits konzessionirten Banken, welche noch 
zu keiner Notenausgabe geschritten waren, diese, wenn sie nicht zuvor eine bundesgesetzliche 
Genehmigung nachgesucht hatten. Vgl. den Artikel der „National-Zeitung“ Nr. 137 vom
	        
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