Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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Indem der Vevollmächtigte dabei daran erinnern dürfe, daß es sich um eine 
Verfassungsänderung handelt, und daß diese Aenderung in der 19. Sitzung 
des Bundesrats als unannehmbar bezeichnet wurde, wenn auch nach der da- 
maligen Fassung nur aus formellen Gründen (§ 32 war nämlich — ohne 
zusätzliche Bestimmungen über das Verfahren — als unannehmbar bezeichnet 
worden), so müsse er den Antrag stellen, über den § 32 abzustimmen, um zu 
konstatiren, ob sich zwei Dritteile der Versammlung für dessen Annahme aus- 
sprechen würden. Staatsrat Buchholz (Oldenburg) erklärte, daß er trotz der 
auch bei seiner Regierung obwaltenden Bedenken gegen den § 32 doch für die 
Annahme des ganzen Gesetzentwurfes zu stimmen ermächtigt sei. Freiherr v. 
Krosigk (Meiningen) erklärte: Seiner Regierung gereiche die im § 32 des vor- 
liegenden Gesetzes enthaltene Kompetenzerweiterung für das Oberhandelsgericht 
zum Anstoß. Gleichwohl glaube sie an diesem Bedenken das Zustandekommen 
des Gesetzes in der festen Erwartung nicht scheitern lassen zu sollen, daß aus 
dieser Kompetenzerweiterung des Oberhandelsgerichts Konsequenzen für künftige 
Fälle nicht werden gezogen werden. Der substituirte Bevollmächtigte für 
Großherzogtum Sachsen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg, beide Schwarz- 
burg und beide Reuß schloß sich dieser Erklärung an. Ministerresident 
Dr. Krüger erklärte, daß er im Namen von Bremen und Lübeck für die Annahme 
des Gesetzes, im Namen Hamburgs aber wegen des § 32 für die Verwerfung 
zu stimmen habe. Es wurde darauf mit 38 Stimmen gegen die Stimmen 
beider Mecklenburg und Hamburgs beschlossen, dem Gesetzentwurfe die Zustim- 
mung zu erteilen. Der Bevollmächtigte für Hessen hatte sich wegen mangelnder 
Instruktion der Abstimmung enthalten. Die vom Reichstag beschlossenen Reso- 
lutionen zu dem Gesetze?) wurden dem Bundeskanzler-Amt überwiesen. Eine an 
dasselbe gerichtete, dem Bundesrat vorgelegte Eingabe des Vereins deutscher 
Musikalienhändler zu Leipzig vom 21. Mai, in welcher beantragt wurde, den 
Gesetzentwurf in der Fassung des Reichstags nicht anzunehmen, wurde durch 
die vorstehend gefaßten Beschlüsse als erledigt erachtet. 
Gesetz vom 11. Juni 1870, betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, 
Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken (Bundes- 
Gesetzbl. S. 339). 
Der Gesetzentwurf, betreffend den Schutz von Photographien gegen unbe- 
fugte Nachbildung, wurde vom Reichstag abgelehnt, unter gleichzeitiger Resolution 
wegen demnächstiger Vorlage eines hierauf bezüglichen Gesetzentwurfs in Ge- 
meinschaft mit dem Gesetzentwurf über die bildenden Künste und die Kunst- 
industrie. 
*) Die Resolution lautete auf Vorlage eines Gesetzes, welches den Abschnitt 5 des 
Gesetzentwurfs (Werke der bildenden Künste) selbständig und dergestalt regelt, daß dabei 
zugleich die berechtigten Interessen der Kunstindustrie entsprechende Berücksichtigung finden.
	        
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