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Literarkonvention mit Frankreich. Der Bundesrat erteilte nach
den Ausschußanträgen dem Präsidium die Ermächtigung zum Abschlusse einer
Literarkonvention mit Frankreich nach Maßgabe der Vorschläge, welche Bismarck
und Friesen gemeinsam dem Bundesrat unterbreitet hatten. Frankreich hatte jetzt in den
preußischen Vorschlag, die sogenannte zweite Eintragung für die Uebersetzungen
nach Artikel 3 der Konvention von 1862 beizubehalten, eingewilligt. Die
hauptsächlichste Schwierigkeit war darnach erledigt. Gleichwohl zog sich der Ab-
schluß der Konvention bis in das Jahr 1883 hinaus.)
Zivilprozeßordnung. Die Kommission zur Ausarbeitung einer
Prozeßordnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten**) hatte so rasch gearbeitet,
daß ihre Beratungen bereits am 20. Juli 1870 durch den Vorsitzenden, Justiz-
minister Dr. Leonhardt, geschlossen werden konnten, unter Verlesung des nach-
stehenden Schreibens des Bundeskanzlers:
Berlin, den 14. Juli 1870.
Die Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs einer Zivilprozeßordnung
für den Norddeutschen Bund wird, wie Eure Excellenz mir mitteilten, diesen
Entwurf in den nächsten Tagen vollendet haben.
Ich würde lebhaft wünschen, die Sitzungen der Kommission, welche ich
am 3. Januar 1868 zu eröffnen die Ehre hatte, jetzt nach Beendigung ihrer
mühevollen Arbeiten schließen zu können. Ich bin jedoch der Erfüllung dieses
Wunsches so wenig sicher, daß ich Eure Excellenz ganz ergebenst zu ersuchen
habe, meine Stelle zu vertreten. Ich bitte Sie, den Herren Mitgliedern der
Kommission zu sagen, daß ich der vollen Zustimmung des Bundesrats versichert
bin, indem ich ihnen den lebhaften Dank der verbündeten Regierungen für die
hingebende Thätigkeit ausspreche, welche sie sowohl dem großen gesetzgeberischen
Werke, zu dessen Ausarbeitung sie berufen waren, als auch anderen, im Laufe
der Zeit ihnen überwiesenen Gegenständen der Bundesgesetzgebung gewidmet
haben. Vier wichtige Bundesgesetze: die Gesetze über Aufhebung der Schuld-
haft, über den Lohnarrest, über die Gewährung der Rechtshilfe und über die
privatrechtliche Stellung der Erwerbs= und Wirtschaftsgenossenschaften, haben
in den Beratungen der Kommission teils ihren Ursprung gehabt, teils ihre letzte
Form erhalten. Diese Gesetze sind bereits bleibende Denkmale für die Thätig-
keit der Kommission, und ich vertraue, daß das soeben vollendete Werk dazu be-
stimmt sein wird, ein nicht minder bleibendes Denkmal zu bilden.
Der Kanzler des Norddeutschen Bundes.
v. Bismarck.
*) Konvention vom 19. April 1883 (Reichs-Gesetzbl. S. 260).
*“) Val. oben S. 120 und die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 169 vom
23. Juli 1870.