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Gewerbeordnung überall vereinbar sei, und hielten eine Kontrolle des Bundes
über die Ausführung der in Betreff der Seemannsprüfungen erlassenen Vor—
schriften für entbehrlich.“)
Dem Ausschusse des Bundesrats für die Gewerbeordnung gelang es nicht,
sich in Bezug auf die ihm überwiesenen Anordnungen für die Prüfungen
der Seeschiffer und Seesteuerleute zu einem einstimmigen Gutachten
zu vereinigen; derselbe war vielmehr hinsichtlich vieler und wesentlicher Teile
dieser Vorlage nicht einmal zu einem Mehrheitsbeschlusse gelangt. Dagegen
führte die weitere Besprechung dieses Gegenstandes unter Zuziehung der Vertreter
anderer Bundesstaaten zu einer Ausgleichung, und es wurde auf Grund der-
selben von dem betreffenden Ausschusse ein zweiter Bericht erstattet, durch dessen
Annahme seitens des Bundesrats diese schon lange schwebende und ziemlich
lebhaft erörterte Streitfrage endlich beseitigt wurde.)
In der Sitzung des Bundesrats, in welcher der Kompromiß zu stande
kam, erkannte Graf Bismarck ausdrücklich an, daß dem Widerstreben der Nordsee-
staaten gegen die von Preußen ursprünglich beabsichtigte Regelung der An-
gelegenheit eine Berechtigung zu Grunde zu liegen scheine. Der Wortlaut seiner
Erklärung war: „Weder das Bundeskanzler-Amt noch die preußische Regierung
wird sich den Eindrücken verschließen, welche die nach Einführung der be-
absichtigten Anordnungen zu machenden praktischen Erfahrungen bringen werden.
Sollten diese Erfahrungen, zu deren Sammlung insbesondere auch das Institut
der Bundesinspektoren zu benutzen sein wird, ergeben, daß die jetzt erfolgende
Regelung des Prüfungsverfahrens in der That zu der mehrseitig befürchteten
Schädigung der Schiffahrtsinteressen führt, so wird die Schaffung der erforder-
lichen Abhilfe nötigenfalls durch Aenderung der Prüfungseinrichtungen von keiner
Seite beanstandet werden."“
Der hanseatische Vertreter wünschte eine so willkommene Aeußerung proto-
kollarisch fixrirt zu sehen, was der Bundeskanzler denn auch als ganz seiner
Absicht entsprechend bezeichnete.
Bei Verlesung des Protokolls über die erwähnte Sitzung des Bundesrats
kam es noch zu einigen nachträglichen Erörterungen. Es stellte sich nämlich
heraus, daß der hanseatische Ministerresident Dr. Krüger an Stelle der all-
gemeinen Verwahrung, welche er in der entscheidenden Bundesratssitzung namens
der freien Städte Hamburg und Lübeck gegen das angenommene Reglement
erhoben hatte, sehr spezielle Erinnerungen gegen die einzelnen Bestimmungen
desselben dem Protokoll einverleibt hatte. Nachdem er auf desfallsige Erinnerung
zur Rechtfertigung dieses Verfahrens bemerkt hatte, „daß er sich im Anschluß
an die bisher befolgte Praxis bereits in der vorigen Sitzung die Spezialisirung
*) Vergl. über die Ausstellungen der genannten Staaten auch die „Nationalzeitung“
Nr. 179 vom 17. April 1870.
**) Vergl. die „Nationalzeitung“ Nr. 260 vom 8. Juni 1870.