Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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seiner nur im allgemeinen von ihm angedeuteten Bedenken vorbehalten und 
daher keine Bedenken getragen habe, seine damaligen Aussagen nachträglich für 
die Aufnahme in das Protokoll, wie geschehen, noch näher zu detailliren“ — 
hielt der preußische Bevollmächtigte, Ministerialdirektor Moser, auch seinerseits 
noch eine Erwiderung auf die einzelnen Bemerkungen Lübecks und Hamburgs 
für zulässig und beantragte die Aufnahme einer Erklärung") in das Protokoll, 
  
*) Diese Erklärung lautete: Das Verfahren für die Prüfung der Seesteuerleute und 
Seeschiffer, wie es jetzt allgemein in die Seestaaten des Norddeutschen Bundes eingeführt 
werden soll, besteht im wesentlichen bereits seit länger als vierzig Jahren in den preußi- 
schen Ostseeprovinzen, und hat weder dem Schiffer= noch dem Rhederstande zu irgend welchen 
Beschwerden Veranlassung gegeben. Gleichwohl ist den auf Erleichterung gerichteten An- 
trägen der Hansestädte so weit entgegen gekommen, als dies geschehen konnte, ohne den bis 
jetzt in Preußen verlangten Bildungsgrad der Steuerleute und Schiffer gegen die sehr be- 
stimmt ausgesprochenen Wünsche der Beteiligten über das zulässige Maß herabzudrücken. 
Bei Feststellung der Normen für das Prüfungsverfahren war als leitender Gesichtspunkt 
festzuhalten, daß die gleichmäßige Erfüllung der vom Bundesrat erlassenen Vorschriften 
über den Nachweis der Befähigung der Seeschiffer und Seesteuerleute möglichst sichergestellt 
werde. Wenn zu diesem Zwecke unter anderem trotz der Einsetzung von Bundesinspektoren 
die Zuziehung eines zweiten Navigationslehrers bei den Prüfungen für die große Fahrt 
verlangt ist, so wird darin eine überflüssige Kontrolle nicht zu finden sein, denn einesteils 
kann der Natur der Sache nach der Bundesinspektor nicht allen Prüfungen beiwohnen, 
andernteils ist demselben die ursprünglich in Aussicht genommene Mitwirkung bei den 
Prüfungen entzogen worden. Die Ausführung der betreffenden Vorschrift wird in den 
Hansestädten auch keineswegs besondere Schwierigkeiten oder Kosten verursachen, denn in 
der unmittelbaren Nähe derselben befinden sich preußische, oldenburgische und mecklen- 
burgische Navigationsschulen, die gern bereit sein werden, Lehrer zu den Prüfungen zu 
kommittiren. Ein Uebermaß der Anforderungen bei der schriftlichen Prüfung der Steuer- 
leute und der Schiffer wird durch die bloße Anzahl der zu lösenden Aufgaben noch nicht 
dargethan, es würde vielmehr nachzuweisen sein, daß Unnötiges verlangt werde. In 
Preußen mußten bisher bei diesen Prüfungen erheblich mehr schriftliche Aufgaben gelöst 
werden. Gerade auf die schriftliche und praktische Prüfung ist aber deshalb ein besonderes 
Gewicht zu legen, weil nur durch sie die Ueberzeugung gewonnen werden kann, daß der 
Schiffer am Bord, wo ihm jede fremde Hilfe fehlt, die erforderlichen Beobachtungen anzu- 
stellen und aus ihnen richtige Ergebnisse, von denen das Wohl und Wehe des Schiffes 
und der Mannschaft abhängt, berzuleiten vermag. Gegenüber der Hinweisung auf andere 
gewerbliche Prüfungen ist aber zu bemerken, daß in Bezug auf den Umfang der dem 
Schiffer nach dem Gesetze zustehenden Befugnisse, seine Verantwortlichkeit und die Schwierig- 
keit der Ausübung der Seeschiffahrt kein anderes Gewerbe mit dieser zu vergleichen ist, 
und daß nach § 13 des Bundesgesetzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste, 
vom 9. November 1867, junge Seeleute, welche das Steuermannsexamen gemacht haben, 
zur Ableistung des einjährigen Freiwilligendienstes in der Marine berechtigt sind, bei Erlaß 
dieser Bestimmung aber jedenfalls vorausgesetzt worden ist, daß bei jenem Examen nicht 
ausschließlich der Besitz der notwendigen gewerblich-technischen Kenntnisse konstatirt werde. 
Daß detaillirte Vorschriften über die Erteilung der Zensuren in kleineren Staaten mit 
einer Navigationsschule und ein er Prüfungskommission entbehrlich sind, kann zugegeben 
werden. Dagegen ist in einer Gemeinschaft von Staaten mit einer großen Zahl von 
Schulen und Prüfungskommissionen die Gleichmäßigkeit der Anforderungen und die überall 
Poschinger, Fürst Bismarck und der Bundesrat. I. 21
	        
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