Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

Bund auszudehnen beabsichtigte.“) Im Ausschuß war man der Meinung, 
daß ein Staat mit anerkannt günstiger Finanzlage des Versprechens einer 
festen Tilgung ohne Schaden für den Erfolg seiner Kreditoperationen sich ent- 
schlagen könne, während ein Staat, dessen Finanzzustände eines wohlbegründeten 
Vertrauens entbehren, leicht in eine schwierige Lage geraten möchte, wenn er 
jenes Versprechen bei der Aufnahme eines neuen Anlehens den Kapitalisten 
nicht entgegenbringe. Es werde dem Bunde bei der neuen Maßregel voraus- 
sichtlich dasjenige Vertrauen entgegengebracht werden, welches die in Artikel 70 
der Bundesverfassung ausgedrückte Verpflichtung der einzelnen Staaten zu sub- 
sidiärer anteiliger Uebertragung der Bundesausgaben und die sich hieraus er- 
gebende gleiche Haftung für die Bundesschulden um so gewisser geeignet sei 
zu erwecken, je mehr die Finanzlage der Mehrzahl der Bundesstaaten und besonders 
diejenige des größten derselben seit langer Zeit als eine wohlgeordnete anerkannt 
werde. Der Bericht betonte unter Hervorhebung weiterer finanziellen Vorteile 
der Vorlage, wie dieselbe darüber keinen Zweifel lasse, daß es die Absicht sei, 
den Bund in den Stand zu setzen, die Schulden nur dann und insoweit zurück- 
zuzahlen, als die finanzielle Lage es ihm erlaubt, daß also auch nicht vor- 
geschrieben werden solle, es müsse in dem Bundeshaushalt eine, wenn auch 
noch so kleine Summe zur Schuldentilgung bestimmt werden, sondern daß die 
Entschließung hierüber ganz dem Ermessen der mit Ordnung der Bundesfinanzen 
betrauten Organe überlassen bleibe. Zur näheren Präzisirung dieses Gedankens 
schlug der Ausschuß vor, neben sonstiger unveränderter Annahme des Entwurfes 
den § 3 desselben zu fassen: „Die Tilgung des Schuldkapitals erfolgt durch 
Ankauf einer entsprechenden Anzahl von Schuldverschreibungen, sofern im Bundes- 
haushalts-Etat Mittel dazu bestimmt werden." 
Der Bundesrat lehnte jedoch diese letztere Amendirung ab, und nahm die 
Vorlage in der ursprünglichen Fassung unverändert an. Gesetz vom 6. April 
1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 65). 
In Ermanglung einer selbständigen Organisation der Bundeseinrichtungen 
auf dem Gebiet der Kontrolle des Bundeshaushalts beschränkte sich 
Bismarck, dem Bundesrat die Verlängerung des in der ersten Not geschaffenen 
und durch die Umstände erzwungenen Provisoriums") auch auf das Jahr 1870 
auszudehnen. Gesetz vom 11. März 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 47). 
*) Eine Analyse des Gesetzentwurfs unter Vergleichung desselben mit dem analogen 
preußischen Gesetze findet sich in der „National-Zeitung“ Nr. 103 vom 3. März 1870. 
Eine Vorlage Bismarcks an den Bundesrat betraf die Ausdehnung der Stempelfreiheit 
der Hamburg-Altonaer Platzanweisungen auf die Nachbarorte Ottensen-Neumühlen. 
**) Vgl. oben S. 190 und die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Nr. 47 vom 
25. Februar 1870. — Der in der Sitzung des Bundesrats vom 11. April 1870 erstattete 
zweite Bericht der Bundesschuldenkommission findet sich erläutert in der „National-Zeitung“ 
Nr. 179 vom 17. April 1870.
	        
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