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gegen den ausgesprochenen Willen des Landtags und der Bevölkerung in jenem
Ländchen zu halten. Herr v. Bertrab, der ehemalige preußische Landrat, ge-
hörte 1866 zu den entschiedensten Feinden Preußens und sandte das Rudol-
städter Kontingent den Bundestagsanordnungen entsprechend zur Besatzung von
Mainz. Es war nicht sein Verdienst, sondern das einer Freundin des alten
Fürsten, daß die Truppen noch unterwegs von einem Gegenbefehl erreicht und
dann in die preußischen Reihen zum Angriff auf die Festung Mainz gestellt
wurden. Herrn v. Bertrabs damalige feindliche Haltung erklärt sich übrigens
zur Genüge aus seiner ultramontanen Gesinnung: er ist nicht allein Katholik,
sondern ein Jesuitenzögling, und dies auch gerade der Hauptgrund, weshalb
die Vertreter einer protestantischen Bevölkerung sein drückendes Joch um jeden
Preis abzuschütteln wünschen. Sie daran direkt oder indirekt zu verhindern,
kann unmöglich die Sache der Bundesorgane sein. Fehlt es an einem Bundes-
gericht zur Entscheidung des eigentlichen Streitfalls, so doch nicht an der ver-
fassungsmäßigen Handhabe zur Exekution der liquiden Forderung des Bundes;
und da diese nötigenfalls bis zur Sequestration der Regierung des Landes
gehen kann, so verfügt die Bundesgewalt über die nötigen Mittel, ihr Interesse
gleichzeitig mit dem Willen und Interesse des Landes zu befriedigen."
Ratzeburger Verfassungsangelegenheit. Die von Einwohnern
des Fürstentums Ratzeburg an den Bundesrat gerichtete Petition, die dortigen
Verfassungsangelegenheiten betreffend, wurde vom Bundesrat als ungerechtfertigt
zurückgewiesen. Dem zu Händen des Advokaten Kindler in Schönberg an die
Petenten erlassenen Bescheide des Bundeskanzlers war zu entnehmen, daß die
Zurückweisung erfolgt war, „weil eine Verfassungsstreitigkeit im Sinne des
Artikels 76 der Bundesverfassung nicht vorliegt, und weil die Verfassung, welche
für das Fürstentum Ratzeburg unter dem 6. November 1869 erlassen ist, der
dem Beschlusse des Bundesrats vom 28. Oktober 1867 vorausgegangenen Er-
klärung des Bevollmächtigten für Mecklenburg-Strelitz um so mehr entspricht, als
die großherzogliche Regierung durch ihren Bevollmächtigten bei der Beratung
über die vorliegenden Petitionen zum § 7 der Verfassung vom 6. November
1869 hat erklären lassen: daß nicht beabsichtigt werde, von dem auf die Gesetz-
gebung für das gesamte Großherzogtum sich beziehenden Vorbehalt einen anderen
Gebrauch zu machen, als dieses auch dem anderen mit Verfassung versehenen
Teile des Landes gegenüber geschieht, daß also, soweit irgend thunlich, vor
Emanirung von Gesetzen, welche das ganze Großherzogtum umfassen sollen,
zuvor das ratsame Erachten der Vertreter des Fürstentums erfordert werden
würde."“
Belohnungen an Seeleute für Hilfe in Seenot. Die Anträge
des Ausschusses in Bezug auf den bremischen Antrag wegen Verleihung
von Belohnungen an Seeleute für Hilfe in Seenot, welche in der