Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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heirateten Tochter. Am leichtesten hätte ich es gehabt; aber im Winter so oft 
hin und her reisen? — Es sind ja auch nun morgen drei Wochen verflossen, 
seit wir hier sind, und da gewinnt es doch den Anschein, daß etwas habe 
geschehen müssen. Denn warum entzieht Preußen 20 Minister ihren heimi- 
schen Funktionen so lange? Vielleicht will man den Beweis führen, wie un- 
nötige Personen wir seien, — denn wir haben in der That gebummelt und 
gar nichts geleistet. Freilich wird das jeder nur im Vertrauen bekennen! 
aber die Diener sind ja erfahren genug, die Thätigkeit, respektive das Faulenzen 
ihrer Herren zu beurteilen, und werden davon nicht schweigen. Preußen 
andererseits wird kalkuliren: Nun, nachdem wir alles seit 4—5 Wochen er- 
wogen haben, was von den Kleinen vorgebracht worden, sind wir zur vollen 
Reife unserer Propositionen gelangt, und nun ist die Sache en gros, vielleicht 
en bloc abzumachen. Was nicht ganz klar ist, behalten wir in der Hand; 
unsere Bundesgenossen müssen ja diese schließlich doch küssen. Vermutlich wird 
man morgen (23.) sicher sehen können; noch ist aber keine Einladung zur 
Sitzung erfolgt. 
„Plötzlich bringt mein Diener hocherfreut ein Couvert, in der süßen Hoff- 
nung, es sei eine Einladung zur morgenden Sitzung. Nichts da, — es ist 
nur ein Abdruck des Protokolls. Schrecklich, daß darin von einer ersten 
förmlichen Sitzung die Rede ist; da müssen doch noch andere folgen; wie 
viele!?“ 
* 
23. Januar 1687. 
„Keine Sitzung auf heute angesagt. Ich habe meinen Diener soeben zu 
Watzdorf geschickt, um den fragen zu lassen, was er glaube, daß aus der Sache 
noch werden solle? 
„Daß die Konservativen in Anhalt mit ihren Parlamentswahlen nachfolgen, 
finde ich sehr klug. Die Liberalen haben sich nun abgestrampelt und ihr Pulver 
verschossen. Mein Diener kommt von Watzdorf zurück; er weiß von gar nichts, 
eine Sitzung finde nicht statt. Was soll man thun? Und dazu drängt die 
Allodialsache, und die verlorene Zeit peinigt und drückt mich. Was sich nur 
der Herzog denken mag! Ich habe ihm in meinen Berichten die Wahrheit 
gesagt und mit nichts hinter dem Berge gehalten. Vermutlich denkt er wenigstens, 
daß wir Abgesandten fleißig unter uns konferiren; worüber aber, was nicht 
schon zehnmal durchgesprochen wäre? Und bei unserer letzten Zusammenkunft, 
vorgestern, war es wirklich schon nahe daran, daß wir in Selbstironie uns vor 
einander schämten! Der König soll unwohl sein. Schon am Ordensfesttage 
abgespannt. Seitdem fast täglich: Truppen in Potsdam besehen, in ungeheiztem 
Zimmer gefrühstückt, noch eine Jagd hinterher, — das ist für den alten Herrn 
doch wohl zu viel gewesen. Er hat kein bestimmt ausgesprochenes Uebel, son- 
dern nur große Mattigkeit, — kein Geschäft, kein Vortrag. Eine auf heute
	        
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