Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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19. Oktober 1867. „Im Reichstag geht es zuweilen sehr lebendig her, 
im ganzen aber doch leidlich vernünftig und jedenfalls sehr fleißig. Wir 
machen hier in sechs Wochen mehr als der alte Bundestag in sechs Jahren. 
Man kann aber auch diese konzentrirte Thätigkeit nicht so lange aushalten. 
Mir sagt diese rasche Manier im allgemeinen besser zu.“ 
14. März 1868. „Am Donnerstag, 12. März, Diner bei Bismarck mit 
Prinz Napoleon, wo ich, als im Bundesrat nächster nach Bismarck, zwischen 
diesem und von der Heydt und Prinz Napoleon schräg gegenüber saß, und 
mich sehr gut amüsirt habe, da Bismarck wieder sehr heiter und reich an 
Anekdoten und nebenbei interessanten Mitteilungen war. — Die Abende sind 
immer sozialer geworden und ich freue mich, daß die Süddeutschen ihre Zu- 
neigung zu mir nicht verloren haben. Wir stehen alle auf vortrefflichem Fuße. 
Man kann da mehr wirken, als viele glauben, da die Leutchen zu mir immer 
mehr Zutrauen haben als zu den etwas steiferen preußischen Herren. Aber 
Arbeit wird es setzen, da ich die großen Sachen: Vertrag mit Oesterreich für 
den Zollbundesrat, Gewerbegesetz, Maaß= und Gewichtsordnung und Rinder- 
pestgesetz für den Norddeutschen Bundesrat, abgesehen von einer Partie anderer 
Kleinigkeiten, alle als Referent erhalten habe. Man mag noch so bescheiden 
sein, unangenehm ist es doch nicht, zu sehen und handgreiflich zu fühlen, daß 
man bei einer solchen Arbeit, die bei allen Schattenseiten doch eine große und 
für alle Zeiten bedeutende ist, ein mehr oder weniger unentbehrlicher Mensch 
geworden ist. Einen kleinen Trost müsßtet auch Ihr Lieben in solchen Be- 
trachtungen finden.“ 
24. März 1868. „Die Reichstagseröffnung ist wie gewöhnlich vorüber- 
gegangen, nur daß ich diesmal statt Friesens an Bismarcks Seite stand und 
das Hoch ausbrachte. — Mit dem Gewerbegesetz geht es ganz leidlich, ich 
werde es noch vor den Feiertagen fertig bringen." 
4. April 1868. „Heute mittag endlich kommt das Gewerbegesetz in der 
vollen Sitzung des Bundesrats zur Beratung. Ich habe inzwischen auch die 
Maaß= und Gewichtsordnung so weit vorbereitet, daß sie mir nur noch wenig 
Arbeit machen wird.“ 
25. April 1868. „Trotz aller Arbeit und vielen Sitzungen bin ich doch 
sehr munter, vielleicht thut's der für mich bis jetzt sehr günstige Gang der 
Verhandlungen mit der Reichstagskommission über das Gewerbegesetz. Bis 
jetzt sind alle Abänderungen in meinem Sinne ausgefallen. Lasker sagte 
ganz offen in der Kommission, in dieser Sache solle man sich Sachsen zum 
Muster nehmen, und es sei ein gutes Omen, daß ich gerade als Kommissar 
bei dieser Verhandlung thätig sei. Ich habe überhaupt in diesen Tagen auch 
in einigen anderen wichtigen Fragen einen ganz entschiedenen Einfluß auf die 
Entscheidungen üben können und im Interesse der Sache üben müssen. — 
Bismarck ist sehr gereizt über den Reichstag, der ihn neulich wieder einmal
	        
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