Full text: Fürst Bismarck und der Bundesrat. Erster Band. Der Bundesrat des Norddeutschen Bundes (1867-1870). (1)

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war, der damalige Generaladjutant Graf Beust zur Herstellung besserer Ver— 
hältnisse und Vorbereitung des Anschlusses an Preußen dorthin geschickt. Die 
entscheidenden Verhandlungen in Berlin hat aber doch Watzdorf geführt, wobei 
ihm das persönliche Vertrauen, dessen er sich bei dem König Wilhelm und der 
Königin Augusta in hohem Maße erfreute, sehr zu statten kam. 
Als die Rekonstruktion des Reichs in Angriff genommen wurde, war 
Watzdorf unablässig bestrebt, die Dinge im Fluß zu erhalten, damit eine 
dauernde Schöpfung zu stande käme. Im Bundesrat hat ihm jede Absicht, 
Hemmungen zu bereiten, fern gelegen; *) Fürst Bismarck selbst wird dies 
gewiß bestätigen, wenn sich auch intimere Beziehungen zwischen ihnen nicht 
herausgestellt haben. Später würde sich das vielleicht geändert haben. Der 
Politik des Kanzlers nach 1870 hätte sicherlich auch Watzdorf sehr entschieden 
zugestimmt, da er ja den Rechtsboden neu gefestigt sah, der ihm in den Jahren 
vorher durch die Bismarcksche Politik gefährdet erschien. 
Ueber die Verfassung des Norddeutschen Bundes sagte der Minister Watz- 
dorf, als die Institution schon längere Zeit fungirte: „Ich hatte geglaubt, nach 
den großen Kriegserfolgen hätte sich etwas Besseres schaffen lassen, doch bei 
näherer Untersuchung habe ich mich schließlich überzeugt, daß das Verhältnis 
zwischen Bundesgewalt und Einzelstaat in angemessener Weise geregelt ist.“ 
In der Sitzung des Bundesrats vom 19. November 1870 hat der Mi- 
nister Delbrück bei Einführung des Nachfolgers Watzdorfs als Bevollmächtigter 
zum Bundesrat, des Staatsministers v. Stichling, Watzdorf einen Nachruf 
gewidmet, worin er namentlich sein Bestreben, die Gegensätze zu vermitteln, 
hervorgehoben hat. 
6. Mecklenburg-Strelitz. 
Geheimer Legationsrat v. Bülow') 
(geboren 2. August 1815, gestorben 20. Oktober 1879) 
ist ein guter Bekannter aus „Preußen im Bundestag". In dem berühmten 
Berichte Bismarcks an den Minister v. Manteuffel vom 30. Mai 1853, worin 
er eine Charakterisirung seiner Frankfurter Kollegen gibt, bemerkt derselbe: 
  
  
*) Im Bundesrat übte er großen Einfluß auf die kleinstaatlichen Stimmen aus und 
war deshalb für den Leiter der deutschen Bundespolitik und noch mehr für Delbrück ein 
nicht unwichtiger Faktor. 
**) Bernhard Ernst v. Bülow, geboren zu Cismar in Holstein, entstammte dem 
Wedendorf-Camin-Düssiner Zweige des Geschlechts der Bülow. Ein Bruder seines 
Vaters war der mit einer Tochter von Wilhelm v. Humboldt vermählte preußische Ge- 
sandte in London und spätere Minister des Aeußeren Heinrich v. Bülow. Das 1893 
bei Mittler in Berlin erschienene Lebensbild „Gabriele v. Bülow“ gibt über diesen Staats- 
mann mannigfache Mitteilungen. Bülows Vater, Adolf v. Bülow, war am Anfang dieses 
Jahrhunderts, wie damals viele deutsche Edelleute, ins Ausland und zwar nach Dänemark
	        
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