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war damals nur schwer zu bewegen, mit Preußen zu gehen, und ist es haupt-
sächlich dem Staatsminister v. Campe zu danken, daß dies durch seinen Ein-
fluß auf den Herzog doch endlich geschah, mithin die Selbständigkeit des
Herzogtums gerettet wurde. Der König von Preußen richtete damals an den
Herzog von Braunschweig einen eigenhändigen Brief, worin er ihn dringend
bat, in der deutschen Krisis doch mit Preußen zu gehen.
Der Minister v. Campe hat während seiner zwanzigjährigen Ministerzeit
sich unausgesetzt bestrebt, dem Herzog sein Recht thunlichst zu wahren und von
der Selbständigkeit des Landes so wenig als möglich preiszugeben. Den vor
1866 von Hannover ausgehenden Verlockungen stand er kalt gegenüber, und er
folgte niemals den vielen Einladungen, die von dem dortigen Königshause an ihn
ergingen, da er der Ansicht war, daß das Verhalten Hannovers dem Herzog
gegenüber unpassend sei.
Campe war auch in Berlin bei den Konferenzen zur Festsetzung der
Bundesverfassung, und er beteiligte sich lebhaft an diesen Verhandlungen.“)
Am 23. Juni 1867 richtete er an den Wirklichen Geheimen Rat v. Savigny
das Ersuchen, eine von ihm hergestellte Formulirung des Artikels 3 der Ver-
fassung in Erwägung nehmen zu wollen.)
herzoglich braunschweigischen Diensten v. Campe, am 9. Oktober 1803 geboren, besuchte die
Gymnasien zu Braunschweig und Holzminden, studirte zu Göttingen und trat dann in den
herzoglich braunschweigischen Staatsdienst. Nach dem Tode seines Vaters fiel ihm das
Rittergut Deensen zu, und so wurde er als Rittergutsbesitzer schon frühzeitig Mitglied der
Ständeversammlung, in welcher er an der Beratung der Verfassung und der wichtigsten
Gesetze in den ersten dreißiger Jahren und später thätigen Anteil nahm. Alsdann wurde
er Mitglied des Obergerichts 1837, später Direktor des Kreisgerichts zu Braunschweig 1845
und darauf des Kreisgerichts zu Holzminden 1851. Nach dem Tode des Ministers v. Schlei-
nitz wurde er im November 1856 als Geheimrat ins Ministerium berufen; nach dem
Tode des Ministers v. Geyso trat er im November 1861 als Staatsminister an dessen
Stelle.
*) Man war gegen die Herren Bevollmächtigten zu den Verhandlungen über die Ver-
fassung des Norddeutschen Bundes in Berlin sehr zuvorkommend. So hatte ich Einblick
in ein an den Staatsminister v. Campe gerichtetes Schreiben vom 14. Dezember 1866,
worin gesagt war, daß für die gedachten Herren zu den Vorstellungen der königlichen Theater
im Opern= und Schauspielhause täglich Billets im ersten Logenrange zur Disposition gestellt
seien, und daß es zur Empfangnahme des betreffenden Billets nur der Abgabe entweder
eiver Visitenkarte oder einer Empfangsbescheinigung im Bureau der Generalintendantur
edürfe.
*) Für diejenigen, welche die Fassung interessirt, welche die Diner-Einladungen des
Bismarckschen Hauses damals hatten, lasse ich noch die folgende Karte (Jahreszahl wohl
1867) solgen: Der Minister der auswärtigen Angelegenheiten beehrt sich Seine Excellenz
den Herrn Staatsminister v. Campe zum Diner am Donnerstag den 20. Dezember um
fünf Uhr ganz ergebenst einzuladen. U. A. w. g.